April 2005



Überfahrt nach den USA

Nachdem wir doch länger als geplant, auf das passende Wetterfenster warten mussten, war es am 05. April dann doch endlich soweit. Morgens um 9:15 Uhr starteten wir zu unserem nächsten grossen Reiseziel, den USA. Für einige das Land der Träume, für andere heute schon beinahe ein Schimpfwort. Ich jedenfalls gehe ganz unbelastet an das neue Abenteuer heran.

Yellowfin Thunfisch, der Kenner weiss natürlich, was für einen Leckerbissen ich da gefangen habe.

Wenn bei den Überfahrten doch nur die ersten zwei Tage nicht wären ...
... ab dem dritten Tag kann dann sogar am Winterpulover gestrickt werden.

USA in Sicht, wenn auch im Nebel und noch ganz in Grau.

Es ist Zeit, auch wenn es frühmorgens ist, die Gastlandflagge zu setzen. Die ersten Häuser und der Leuchtturm von ST. Simons.

Wegen Windstille und einigen heiklen Riffpassagen, mussten wir die ersten Stunden unter Motor fahren. Als wir genügend Abstand zur Küste hatten, setzte prompt der erwartete Wind aus Süden ein. Das war auch der Moment um unsere Angelrute wieder arbeiten zu lassen. Hier draussen wird es ja hoffentlich keine "giftigen" Barrakudas mehr geben. Wie ich von alten Seebären gehört hatte, sollte es im Golfstrom nur so wimmeln von Fischen. Und tatsächlich. Es dauerte nicht allzu lange und das geliebte "rhrhrhrh" der Angelrute ertönte. Sofort wurde etwas Fahrt aus dem Boot genommen und der Kampf mit dem Fisch begann. Und es wurde tatsächlich ein Kampf. Die Angelleine, bei Lose, immer sofort ein wenig einrollen, um sie aber im nächsten Augenblick gleich wieder mehr freizugeben. "Pumpen" nennen sie das in der Hochseeanglersprache. Dieses Einrollen und wieder Freigeben der Leine dauerte sicher schon gegen zwanzig Minuten und war echt anstrengend. Ich vermutete, dass hier mein bisher grösster Fang an der Angel hing und sah diesen schon in der Pfanne brutzeln. Plötzlich bog sich die Fischrute immer mehr und mehr durch. Ich gab dem Fisch sofort die verlangte Leine, doch dieser schwamm mit einer unheimlichen Kraft und Geschwindigkeit vom Boot weg. Trotz der Bremse, welche in der Trommel eingebaut ist, rollte die Angelleine bedrohlich gegen ihr Ende zu. Nun gab ich noch etwas mehr Druck auf die Bremse, doch war das anscheinen zu viel. Die total durchgebogene Angelrute schnellte wie eine Peitsche zurück. Das war das eindeutige Zeichen, der Fisch und wenn ich Pech hatte, auch noch der ganze Köder, war weg. Genau das stellte sich dann leider heraus.
Nichts desto Trotz, ein neuer Köder wurde sofort montiert und wieder ins Wasser gelassen. Eine halbe Stunde später wiederholte sich das genau gleiche Szenario. Der einzige Unterschied bestand nur darin, dass diesmal das Angelgeschirr nicht verloren ging. Anscheinend hatte sich der Haken nur im Fleisch festgekrallt gehabt und dieses ist dann irgendwann einfach ausgerissen.
So leicht gab ich mich aber nun doch nicht geschlagen und der nächste Versuch konnte starten. Und siehe da. Jetzt hatte ich mehr Glück, denn ein prächtiger Gelbflossenthun, von stolzen 83 cm Länge, konnte problemlos an Bord gezogen werden.
Jetzt war, natürlich nur fischmässig, diese Überfahrt gerettet.

Als wir den Golfstrom erreicht hatten, nahm unsere Bootsgeschwindigkeit merklich zu und je mehr wir uns den USA näherten, die Lufttemperatur ab. Yvonne hatte sich vor ihrer obligatorischen Startschwierigkeit (die kleine Seekrankheit) gut erholt und begann eifrig mit dem Stricken eines Winterpullovers. Somit war in unserer kleinen Welt, auf der "SY MOMO", alles bestens und dem erfolgreichen Landfall in den Vereinigten Staaten stand nichts mehr im Wege.




Ankunft und Einklarieren in Brunswick, im Staate Georgia

Vor unserem ersten Zusammentreffen mit der amerikanischen Zoll- und Immigrationsbehörde waren wir, ehrlich gesagt, schon etwas verunsichert. Wir hatten im Vorfeld die verschiedensten Schauergeschichten gehört und wussten demzufolge nicht so recht, was wahr und was Phantasie war.
Von unserer Seite aus, hatten wir alles, was von der USA-Behörde verlangt wurde, pingelig genau gemacht. Unsere Ankunft war, per Telefon schon von den Bahamas aus und dann nochmals kurz vor dem Einlaufen über unseren UKW-Funk, angemeldet. Im Yachthafen von Brunswick hatten wir noch nicht alle Leinen richtig festgemacht, standen dann auch schon der Zoll und die Immigration vor der MOMO. Die beiden Beamten entpuppten sich als überaus freundliche, hilfsbereite und grosszügige Vertreter der USA. Nicht die kleinsten Schwierigkeiten wurden uns bereitet. Das Boot wurde nicht durchsucht und wir bekamen sogar eine Aufenthaltsbewilligung für ein ganzes Jahr! Es wurde nicht einmal eine Frage nach unseren Waffen gestellt, obschon wir diese schon von den Bahamas aus telefonisch avisiert hatten. Einzig und das fanden wir doch als einen kleinen Widerspruch, eine Zitrone (aus Kalifornien) und einen halben Kohl (auch aus den USA), welche wir aber noch auf den Bahamas eingekauft hatten, wurde die Einreise verweigert und vorsorglicherweise beschlagnahmt.
Der erste Eindruck von den Vereinigten Staaten hätte also nicht besser ausfallen können. Daran konnte auch das regnerische und für unsere Verhältnisse sehr kalte Wetter, nichts ändern.

 

 

Der Intracoastal Waterway (ICW)

Einmal in deinem Leben, so sollen sich viele echte Seefahrer sagen, solltest du die "Traum-Wasserstraße der Welt" befahren. Das, was für Auto- und Harleytouristen die Fernstraße von Alaska bis Feuerland, die Panamericana, ist, bedeutet für einen Teil des internationalen Bootsvolkes der Intracoastal Waterway, an der Ostküste Nordamerikas zwischen Florida und New York.

Eine von vielen Brückendurchfahrten im ICW.

Gegen 3 Knoten Tidenstrom anzufahren ist nicht lustig. Unser Ankerplatz beim Fort Frederica.
Privatvorführung im Fort Frederica.

Ob das einmal Soldaten geben wird?

Achtung: Feuer.
Idyllische Flusslandschaft Unser Ankerplatz im Herb River. Tolle Abendstimmung an einem Ankerplatz im ICW.
Ein grüner Marker mit einem Bewohner. Romantisches Restaurant. Hier wird das Kreuzen schon sehr eng.

Dieser fast 3000 Meilen lange Wasserweg ist eigentlich kein Kanal. Er ist alles, was man sich unter Binnenrevieren vorstellen kann: stille Becken und breite Nehrungen, reißende Flussmündungen und schmale Creeks, romantische Urwaldflüsse und weite Seestrecken ohne Landsicht. Seine Gewässer wechseln von türkis, kobaltblau, schiefergrau, kaffeebraun bis zu kohlenschwarz. Sie sind manchmal still, tückisch oder auch rau.

Geschaffen wurde der Intracoastal Waterway" oder "ICW", wie ihn die Amerikaner kurz nennen, im Laufe der Jahrtausende durch natürliche Sandaufwerfungen des Meeres an der Atlantikküste.

Vielleicht wäre diese gigantische Binnenroute, ohne militärische Interessen, nie zur Vollendung gelangt und auf eine Solltiefe von zirka 3,60 Metern gebracht worden. Bereits im amerikanischen Bürgerkrieg verschiffte man Truppen und Kriegsmaterial auf dem ICW. Noch heute transportieren große Schubverbände Massengüter wie Sand und Getreide.

Die festen Brücken haben alle eine Durchfahrtshöhe von mindestens 65 Fuss, bei mittlerem Hochwasser. Unsere MOMO hat eine totale Masthöhe von 64 ¼ Fuss. Ich glaube, es kann sich ein jeder eine Vorstellung davon machen, wie wir bei den ersten Brückendurchfahrten Blut geschwitzt hatten, obschon wir diese immer extrem langsamen passierten. Meistens fuhr auch die kleinere, deutsche Momo vor uns durch und so konnten wir, anhand ihrer extra angebrachten Mastverlängerung, die effektive Durchfahrtshöhe ein wenig besser abschätzen.

Bei den beweglichen Brücken hat fast immer das Wasserfahrzeug Vorfahrt vor dem Autoverkehr. Lediglich die Highway-Bridges und vielbefahrene Stadtbrücken haben Öffnungszeiten zur vollen, oder halben Stunde, und bleiben zur Rushhour teilweise für eine oder zwei Stunden ganz geschlossen.

Die abwechslungsreiche Wasserlandschaft schlug uns meistens in ihren Bann. Wir sassen oft einfach still im Cockpit und bewunderten die Uferregionen zu beiden Seiten der Creeks. Manchmal wechselten sich Kiefern- und Palmenbewuchs gegenseitig ab. Dann gab es wieder prächtige Villen zu bestaunen, oder es kam leichte Hektik auf, weil ausgerechnet auf einem sehr schmalen Teilstück uns ein breiter Schleppverband entgegen kam.

Vor den Sumpfwiesen stocherten Reiher und Wildschweine im Uferschlick. Hoch in den Himmel schraubte sich manchmal eine Gruppe amerikanischer Schwarzstörche und mit fast aristokratischer Würde segelten Pelikane im Formationstiefflug an uns vorbei. Hin und wieder zog ein Fischadler, ohne den geringsten Flügelschlag, leise über uns seine Kreise.
Dicht neben unserem Boot schnitten viele Male die Finnen der Delphine durchs Wasser. Die zutraulichen Tiere wurden von nun an unsere täglichen Begleiter und zeigten sich, meistens paarweise schwimmend, selbst in den flachen Binnencreeks. Auf vielen Ankerplatz hörten wir selbst mitten in der Nacht und durch die Bordwand hindurch, ihr pusten und pfeifen.

Bis jetzt haben wir leider die Manatees, die behäbigen und liebenswerten Seekühe, noch nie zu Gesicht bekommen. Sie stehen unter strengem Schutz, der leider aber nur wenig bewirkt. Immer noch werden die Seekühe von schnell laufenden Motorbooten überfahren und von deren Propellern zerstückelt. Schutzzonen ohne Bootsverkehr sollen nun den trägen Pflanzenfressern bessere Rückzugsmöglichkeiten eröffnen.


Navigieren musste man immer nach den "Markern". Das sind in den Grund gerammte Pfähle zur Fahrwassermarkierung. Dieses System ist sehr einfach, denn die landseitigen Marker tragen immer ein rotes Dreieck mit fortlaufenden Ziffern, die seeseitigen ein grünes Quadrat, ebenfalls mit Nummer. So konnte Yvonne in unserer sehr detaillierten Maptech-Sportbootkarte, mit einem Post-it, laufend immer unsere aktuelle Position mitbestimmen.

 

 

Savannah

Einer der unzähligen Parks mit seinen Denkmäler.

Ein klassischer Flussdampfer. Ein nachgebauter holländischer Dreimaster.

Musik gehört zum Strassenbild von Savannah.

Keiner zu alt, um Musik zu machen.

Immer w arten auf die Männer ....

Die Stadt Savannah, im Bundesstaat Georgia, ist der Verwaltungssitz des Chatham County. Sie ist einer der führenden Seehäfen im Südosten der USA. Schiffswerften und Eisenbahnreparaturwerkstätten haben sich hier niedergelassen. Daneben sind Papierindustrie, Flugzeug- und Fahrzeugbau, Chemie- und Nahrungsmittelindustrie und der Fremdenverkehr von wirtschaftlicher Bedeutung. Savannah ist die älteste Stadt Georgias und hat heute ca. 140'000 Einwohner. Hier fanden übrigens auch die Segelwettbewerbe der Olympischen Spiele von Atlanta statt. In der Stadt selber, sieht man davon aber heute praktisch nichts mehr.

Hier in Savannah gab es auch eines, der über 600 "West Marine" Bootszubehörgeschäfte. Nun konnten wir endlich mit dem Erledigen unserer langen Liste, der seit einiger Zeit anstehenden Wartungsarbeiten, beginnen.
Zu allererst mussten aber zwei Fahrräder gekauft werden. Hier in den USA hat ein jeder und jede ein Auto, denn ohne würden die Leute schlichtweg verhungern. Das heisst, sie könnten nicht zum Einkaufen gehen, weil sich praktisch alle Geschäfte ausserhalb der Stadt befinden. Ausserhalb heisst hier, mindestens so ca. 5 bis 10 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Zu Fuss ist man da absolut verloren, denn ein Busssystem, wie wir es in Europa kennen, gibt es in diesen Kleinstädten nur sehr selten.

Entgegen unserem eigentlichen Reiseplan verbrachten wir über zwei Wochen in dieser sympathischen Gegend.
Erst gegen Ende des Monats konnten wir weiter nordwärts ziehen. Da ein paar Tage zuvor aber ein Lastwagen, bei einem Selbstunfall, die nächste Zugbrücke schwer beschädigt hatte, musste diese für einige Wochen geschlossen werden. Das hiess nun für uns: wieder einige Meilen auf dem ICW rückwärts motoren und dann aussen, auf dem offenen Meer, nordwärts segeln.