April 2008



Start im Regen

Es regnete wieder, was diesen Winter hier in British Columbia ja nichts Aussergewöhnliches war. Absolut nicht normal... so nass war es noch nie... einen solchen Winter haben wir noch nie erlebt... usw. waren die Worte der Einheimischen, welche mir noch immer in den Ohren klingen.

Bei der Verabschiedung im Marinebüro stellte ich noch die kleine Frage, ob es ev. möglich wäre, dass wir unsere Abfahrt um einen Tag verschieben könnten, da es laut Meteo dann trocken sein sollte. “Natürlich  …“, war die Antwort, „wenn wir zusätzlich zu den schon bezahlten 5 Monaten nochmals einen Tag mehr bezahlen würden.“ Das hiesse, zu den tausenden von schon bezahlten Dollars nochmals 45 Dollar der Marina spenden. Nein danke, denn einmal hat auch das grösste Spenderherz genug. Diesem unfähigen Management noch mehr zu geben, das kam absolut nicht in frage. Im nachhinein muss ich zugeben, dass wir echt doof waren, hier so lange zu bleiben und erst noch so viel Geld auszugeben. Auch wir lernen immer noch dazu …

Trotz strömendem
Regen starten wir unser Alaskaabenteuer.


Bedwell Harbour, unser erster Stopp und auch einige Sonnenstrahlen. Strandspaziergang
am Strand von
Montague Harbour.

Muschelsplitter,
anstelle des gewohnten Sandstrandes.

Romantisch weicher Waldboden.

Pfui .... keine schmutzigen Gedanken ... das hier ist nur ein gewöhnlicher "Nacktbaum".

Also verliessen wir die Marina, wie oben schon geschrieben, bei strömendem Regen. Da wir die verschiedenen Verabschiedungen schon vorher hinter uns gebracht hatten, kamen nur noch Norma und Rolly, unsere besten Freunde und Leo und Dean, welche später dann zu uns stossen wollten, zur Verabschiedung an unseren Steg.
Weil wir unseren ersten Tag unterwegs nicht allzu lange im kalten Regen verbringen wollten, wählten wir einen Ankerplatz ganz in der Nähe. Auch mussten wir ja erstmals den ausgewechselten Propeller testen und ob sonst auch wirklich alles an Bord noch gut funktionierte.

Trotz den äusserlich total widrigen und nasskalten Umständen, kamen in uns wieder die nur sehr  schwer zu beschreibenden Gefühle hoch. Die absolut speziellen Gefühle des „Leinen los“, die Freude auf die Fahrt in neue Abenteuer, den Mut aufgebracht zu haben, „es“ zu machen und nicht immer eine neue Ausrede zum Verschieben gefunden zu haben.

Eine Möwe macht noch keinen Sommer ...

Da wir für die Reise nach Alaska noch etwas gar früh im Jahr unterwegs waren, unternahmen wir nur ganz kurze Tagestörns. Somit hatte ich genügend Gelegenheit, mich in die, in dieser Region übliche Nahrungsmittelbeschaffung aus dem Meer, einzuarbeiten. Meine Technik des Fischens musste angepasst und natürlich die, von den Fischen verlangten Köder, gekauft werden.
Auch das Fangen der „Crabs“ stellte eine neue Herausforderung dar. Eigentlich nicht unbedingt das Einfangen, sondern vielmehr das Töten und „Ausnehmen“ war neu für mich. Ehrlich gesagt dauerte es auch eine Weile, bis sich eine gewisse Routine und Qualität in meiner „Metzgerarbeit“ einstellte. Wenn das Fleisch dieser Tiere nicht so ausgezeichnet munden würde, wer weiss, vielleicht hätte ich meine Crabsfalle verschenkt ...

Jeder Sonnenstrahl wird momentan ausgenützt.


Unsere ersten selbstgefangenen Crabs. Ankermanöver bei Kälte sind nicht ganz erfreulich.

Ausschau halten nach ge- fährlichen Baumstämmen.

Dodd Narrows, das Nadelöhr vor Nanaimo.


Umweltunfreundliche Papierfabrik in Nanaimo

Auf dem Weg nach Alaska erwarteten uns nun die verschiedensten „narrows“. Das sind die schmalen Stellen, wo sich das Wasser, bei Ebbe und Flut, jeweils hindurchzwängen muss. Bei den extremsten „narrows“ schnellt dann die Wassergeschwindigkeit auf bis zu 16 Knoten hoch. Das sind umgerechnet ca. 28 km …. schwer vorstellbar, oder?
Auch wenn ein “narrow“ nur ca. 8 Knoten (14 km) stark ist, so ist dieser nur bei „slack water“, das heisst, nur ca. 15 Minuten bevor oder nachdem die Tide gewechselt hat, zu durchfahren.
Daher hiess es jetzt für uns, immer die Tidentabelle vor Augen zu haben und pingelig genau in die Routenplanung einzubeziehen.
Was am Anfang recht umständlich erschien, entwickelte sich schnell zur Routine und Yvonne machte es zunehmend Spass, mir genau vorzuschreiben, wann genau ich wo unsere MOMO hindurch zu manövrieren hatte. Die Rollenteilung der Navigatorin  und des Steuermanns hatte sich schnell wieder eingespielt.



Nanaimo

Kurz vor Nanaimo passierten wir die „Dodd Narrows“ bei slack und stellten erfreut fest, wie unproblematisch diese Passage gelang. Die vorgängig herrschende leichte Nervosität verflog daher schnell.

Nanaimo ... und der
Schnee ist nicht weit weg.
Hier ein etwas "schräger" Bootsnachbar ... ... und da ein knapp neben uns "Landender".


Gewöhnlicher Regentag am Ankerplatz in Nanaimo.
Autotransport von einer Insel in die Stadt.

Materialtransport zu einer kleinen Insel.

Im noch halbleeren Stadthafen ... ... füllen wir unsere leeren Wassertanks auf.

Nanaimo ist mit seinen ca. 74‘000 Einwohnern die zweitgrösste Stadt auf der kanadischen Pazifikinsel Vancouver Island. Hier hatten wir eigentlich nur einen kurzen Zwischenstopp eingeplant, doch das Wetter verhinderte ein beabsichtigtes früheres Auslaufen. Drei Tage lang goss es wie aus Kübeln, so dass wir von unserem Ankerplatz aus zeitweise Mühe hatten, das Festland zu sehen. Wir waren auch einige Tage lang richtiggehend gefangen auf unserer MOMO. Wegen den starken Winden und dem damit verbundenen hohen Wellengang, war es uns unmöglich, mit dem Dingi an Land zu gehen.

Mit dem ersten guten Wetterfenster wollten wir die „Strait of Georgia“, Richtung Vancouver überqueren, doch daraus wurde vorerst nichts. Den ersten Versuch mussten wir, wegen der hohen Dünung, hervorgerufen von den vorangegangenen stürmischen Winden, abbrechen. Der nächste Versuch, zwei Tage später, gelang dann und wir hatten beste Segelbedingungen für diese 30-Meilenstrecke. Erstmals konnten wir wieder eine längere Distanz unter Segel zurücklegen.



Vancouver, Olympiastadt 2010

Vancouver liegt im Südwesten von British Columbia, an der Westküste Kanadas. Sie ist nach dem englischen Kapitän George Vancouver benannt.

Vancouver, wir kommen.
Die Skyline. Unser Ankerplatz.
Einmal mehr, eigenartige Nachbarn.

Das Möwendingi.

Unser Blick, von der ersten Reihe, auf die moderne Stadt.
Der schnuslige Wasserbus. Kanufahren ist hier sehr populär.

Training der Feuerwehr.

Die Stadt gehört zum „Greater Vancouver Regional District“, der mit über zwei Millionen Einwohnern, die größte Metropolregion im Westen Kanadas und die drittgrösste des Landes ist.
Die Bevölkerungszahl der eigentlichen Stadt Vancouver beträgt nur ca. 600‘000. Die Stadt entstand um 1860, als Folge der Einwanderungswelle während des Fraser-Canyon-Goldrauschs und entwickelte sich nach der Eröffnung der transkontinentalen Eisenbahn im Jahr 1887, innerhalb weniger Jahrzehnte, von einer kleinen Sägewerkssiedlung, zu einer Metropole.
Die Wirtschaft basierte zu Beginn auf der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen von British Columbia: Forstwirtschaft, Bergbau, Fischerei und Landwirtschaft.
Der Hafen von Vancouver erlangte nach der Eröffnung des Panamakanals internationale Bedeutung. Er ist heute der grösste in Kanada und exportiert mehr Güter, als jeder andere Hafen in Nordamerika.

Vancouver wandelte sich mit der Zeit zu einem Dienstleistungszentrum und nach der Weltausstellung „Expo 86“, zu einer Tourismusdestination. Die Stadt ist darüber hinaus, hinter Los Angeles und New York, der drittwichtigste Standort der nordamerikanischen Filmindustrie und wird daher auch als „Hollywood North“ bezeichnet. Vancouver wird regelmässig, als eine von drei Städten mit der weltweit höchsten Lebensqualität bewertet.

Nein ... bitte nicht schon wieder Schnee.
General Motors Place, die Heimat der Vancouver Canucks.


Hier entsteht das neue Olympiadorf.

Schwimmende Häuser.

Die Gastown Dampfuhr ...

... betrieben mit echtem Dampf.
Einiges steht in Vancouver auf dem Kopf. Die Baumstammmannli ... ... finde ich sehr originell.

Vancouver ist für die Austragung der XXI. Olympischen Winterspiele vom 12. bis 28. Februar 2010 gewählt worden. Dies sahen und spürten wir hautnahe.
Wir hatten den Eindruck, dass momentan mindestens 30 % der Strassen aufgerissen, abgesperrt und unzählige Häuser  neu gebaut wurden, oder mindesten ein „face lifting“ erhielten. Vancouver putzt sich echt fein heraus und dies, obschon es heute schon einen sehr gepflegten äusseren Eindruck auf uns hinterliess.

Nicht unerwähnt lassen, möchte ich aber auch Negatives über diese Stadt... „homeless“. Noch nie sind uns in einer Stadt so viele Obdachlose aufgefallen wie hier. Der Heruntergekommene, mit seinem gesamten Hab und Gut in einem rostigen Einkaufswagen, erscheint noch erbärmlicher, neben dem elegant gekleideten Banker. Da hier das Klima, übers gesamte Jahr gesehen, eines der mildesten von ganz Kanada ist, zieht Vancouver die Verlierer unserer Gesellschaft an, wie das Licht der Strassenlampe die Mücken.
Seitdem die Stadtregierung, wegen den Olympischen Spielen 2010, beschlossen hat, gratis Unterkünfte für diese Randgruppe bereit zu stellen, kommen täglich noch mehr hierher ….
Während dem zweiwöchigen Aufenthalt in der zukünftigen Olympiastadt beradelten wir einen Grossteil der Stadt und deren Umgebung. So gross wie das erwähnte Gefälle zwischen arm und reich, war auch der Unterschied im Wetter. An einem Tag konnten wir im T-Shirt, bei prächtigem Sonnenschein unterwegs sein und am nächsten Morgen hatte es Schnee auf dem Deck der MOMO. Abwechslung pur.

Über 18'000 am
"Sun Run" in Vancouver ...

... und Yvonne steht
Mitten drin.
Die "Totem" vom
Stanley Park.

Schwieriger
Austauschtransport
unserer Batterien.

Nachdem wir unsere Versorgungsbatterien ausgewechselt hatten, vier Stück á 225 Ah und je 65 kg schwer und auch sonst noch einige Ersatzteile eingekauft und verstaut hatten, war es an der Zeit, weiter nordwärts zu fahren. Linda und Gerd, die TO-Stützpunktleiter von Vancouver, gaben uns noch eine Menge guter Infos und Ratschläge mit auf den Weg. Da sie auch beabsichtigten, diesen Sommer nach Alaska zu segeln, hofften wir, sie dann dort irgendwo wieder zu treffen.

Leo und Dean tauchen auf. Letzter grosser Einkauf
vor der Weiterfahrt.
Typisches B.C.-Fischerboot

Einige Tage später, in Pender Harbour, trafen wir dann auf Leo und Dean. Die Beiden wohnen seit drei Jahren auf ihrer „SY Mad Dog Voyager“ und planten, auch nach Alaska hochzufahren. Dass sie den Absprung aber tatsächlich auch schaffen würden, davon waren wir bis zuletzt nicht überzeugt, denn sie verschoben ihren Start doch schon einige Male …
Nun waren sie aber tatsächlich am vereinbarten Ort erschienen und somit setzten wir unsere Reise nach Alaska gemeinsam fort.

Dick eingepackt geht's
nordwärts.

Der Scheibenwischer hatte viel Arbeit.

"Normales" Wetter in
British Columbia.
Warentransport in B.C. Es gab glücklicherweise auch Sonnentage.