August 2009



Ucluelet

Sage und schreibe über drei Wochen mussten wir uns gedulden, bis sich endlich ein Wetterfenster mit dem benötigten nördlichen Wind auftat.

MOMO vor Anker in Ucluelet.
Das Warten war aber kein Problem, denn Ucluelet und seine Umgebung waren voller Überraschungen. Eine möchte ich hier nur kurz schildern.

Um eben diese Wartezeit etwas zu verkürzen, machten wir einen einwöchigen Abstecher in den Barkley Sound. Diese Inselgruppe ist Teil des Pacific Rim National Park, welcher noch grosse und zusammenhängende Stücke gemässigten Küstenregenwaldes beherbergt.
Wir genossen noch ein letztes Mal die unberührte Natur und die Ruhe, die einsamen kleinen Ankerbuchten, welche nur uns zu gehören schienen. Wohl wissend, dass wir dies in absehbarer Zukunft gegen das hektischere Leben in Kalifornien eintauschen werden.
Auch wissend, dass wir dann wieder unsere Sommerkleider auspacken und nur noch mit T-Shirts und Shorts die Sonne geniessen können.

Alles hat halt seine zwei Seiten. Die perfekte Kombination wäre das Wilde und die Natur von British Columbia und die warme Sonne von Kalifornien. O.K. … wenn es diese Region tatsächlich geben würde, wäre sie im nu von uns Menschen zerstört … leider.

Yvonne mit Vollpackung
auf dem Weg zum alten Waschsalon.
Während des Wartens wird intensiv an den Seidenperlen gearbeitet ... ... aus welchen dann im MOMO Atelier unikate Halsketten werden.

Langsam aber stetig stapeln sich die Kunstwerke und der Platz wird langsam eng.
Nun also endlich zu der kleinen Story.
Wir verlassen, wie leider meistens, wegen Windmangel unseren Ankerplatz unter Motor.
Auf dem Rückweg, zwischen den vielen kleinen Inseln, erreicht uns plötzlich ein zaghafter Funkruf über den VHF. „Hallo Segelboot, hier ist SY Citrus. Könntest du uns bitte nach Ucluelet zurück schleppen?“.
(Dieser Funkspruch war natürlich auf englisch). Erst jetzt sahen wir das kleine Segelboot. Es dümpelte anscheinend schon seit Stunden an gleicher Stelle und die beiden älteren Personen wurden verständlicherweise immer nervöser.

Die SY Citrus im Schlepptau der MOMO.

Yvonne mit Rick und Diana,
der Besatzung der Citrus.

Ein feines Dinner als Dankeschön.
Kein Wind, kein richtiger Motor, sondern nur einen kleinen elektrischen.
Wie aber soll dieser angetrieben werden, wenn die Batterie total entladen ist.
Wohl hatten sie ein Ladegerät und ein Solarpaneel dabei, doch mit dem Nebel im Barkley Sound hatten sie nicht gerechnet.
Keine Sonne ... kein Power ... das ergibt ein Problem!

Als wir ihr Segelboot im Schlepp und beide endlich heil im MOMO-Cockpit hatten, schien für sie die Welt wieder in Ordnung zu sein. Jedenfalls ergab sich nun eine recht lustige Konversation mit anschliessend ausgedehntem Dinner, zu welchem wir, als Dank für die Hilfeleistung selbstverständlich eingeladen wurden.





Abschied von Canada und ab nach USA


Endlich verlagerte sich das Pazifikhoch ein wenig nordwärts und ein zaghafter Nordwestwind war nur für die kommenden drei Tage angesagt worden. Wir benötigten aber den nördlichen Wind für eine ganze Woche. Was nun?

Good bye British Columbia!
Danke ...wir hatten
eine tolle Zeit zusammen.

Die stark abgenützte
Ahornflagge kommt jetzt
zum letzten Male runter.
Pläne sind ja bekanntlich da, um abgeändert zu werden. So kippten wir vorerst San Francisco, unseren vorgesehenen USA-Ankunftshafen aus dem Programm. Newport wäre in drei Tagen erreichbar … also auf nach Oregon. Nichts sprach dagegen und so nahmen wir endgültig Abschied vom Nordwesten von Nordamerika.

Wir hatten hier, trotz vielfach nassen Wetterbedingungen, Kälte, meinem gehassten "drizzle", Regen, Nebel, Schnee, eine absolut phantastische Zeit verbracht. Die teilweise noch echt unberührte Natur, die unzähligen Tiere in der freien Wildbahn, die unvergesslichen Erlebnisse beim Wandern, das Fischen mit den anschliessenden Gourmetmenüs, die hilfsbereiten Menschen und noch vieles, vieles mehr ….. einfach total unbeschreiblich!

Zu der grossen Vorfreude auf California stellte sich nun aber doch auch eine leichte Trauer ein, dass wir diese tolle Region jetzt doch endgültig hinter uns lassen werden.


Hello again and good morning USA ...
... und dann aber sofort wieder ab in die Koje. Nette Begrüssung auf amerikanisch: ein
prächtiger Albacore ...
... welcher stolze 85 cm auf das Massband bringt ...
Freude herrscht !!!
Am Morgen des 12. August hiess es "Leinen los". Wir wollten die Nähe der Küste meiden und die meiste Zeit in einem Abstand von ca. 60 Seemeilen südwärts segeln.
Am ersten Tag wurden ein letztes Mal die Köder für die Lachse gesetzt und wir waren tatsächlich nochmals erfolgreich.

Tags darauf sahen wir erste, vereinzelte Thunfischfangboote. Warum denn eigentlich nicht? … Platz für einen feinen Albacore findet sich bestimmt noch, im bereits vollen Freezer.
Vor der langen, fischlosen Zeit im Süden der USA, ist ein gut bestückter Lagerbestand bestimmt vertretbar. Das Ziel, nur einen dieser ausgesprochen leckeren Burschen zu fangen, wurde dann auch schon bald erreicht.
Daraufhin hiess es
aber leider auf der MOMO: Fischruten und Angelutensilien mit Süsswasser säubern und dann auf unbestimmte Zeit wegstauen.





Newport Oregon

Am Vormittag des 14. August fuhren wir unter der Yaquina Bay Bridge in das Hafenbecken von Newport ein. Diese Durchfahrt betitelten wir etwas despektierlich, als „unseren Testlauf für die Golden Gate Bridge“.

Der letzte Marker, und
seine Bewohner, bei
der Ankunft in Newport.
MOMO unter der miniatur Golden Gate Bridge von Newport.

In den, eigentlich ungewollten Zwischenstopp in Newport, hatten wir keine grossen Erwartungen gesteckt. Daher wurden wir vom regen Interesse der Leute an uns und unserer Reise total überrascht. Den absoluten Höhepunkt setzten aber ganz eindeutig Ned und Mary. Ned, ein ehemaliger und erfolgreicher Berufsfischer, mit eigenem grossen Fischerboot, ist heute pensioniert und lebt jetzt auf seiner Farm. Mit dem Auto wurden wir abgeholt und dann zur grosszügigen Verköstigung und anschliessender Besichtigung der Farm eingeladen. Was er uns dann voller Stolz zeigte war eine, für US-Verhältnisse, kleinere Farm. Um aber auch nur einen kleinen Teil davon zu sehen, benötigten wir das Auto … sonst wäre unser Aufenthalt in Newport viel zu lange geworden.
Selbstverständlich gab es dann die Gegeneinladung auf der MOMO und ebenso selbstverständlich gab es dann Salmon vom Grill. Zubereitet nach spezieller MOMO Art.
Ned genoss den aussergewöhnlichen Lachs und wollte anschliessend die genaue Zubereitung wissen. Auch als alter Fischer, so versicherte er uns, hätte er den Lachs noch nie so perfekt gegrillt geniessen können. Ihm gab ich das Grillgeheimnis, inkl. der holzigen Zutaten preis, hier im Web aber nicht … sorry … top secret.

Am nächsten Tag kam Ned wieder auf die MOMO und gab mir sehr gute Fischer-Insidertipps und verschiedenste Profiköder und Material. Wenn ich nur die Hälfte seiner Ratschläge in die Tat umsetzen kann, dann aber Achtung liebe Fische, es wird in Zukunft für euch sehr hart werden.

Ein kleiner Teil der
Farm von Ned und Mary.
Ned and Mary vor ihrem Haus. Yvonne geniesst "Shep" ihren alten Hofhund ... ... während ich mehr an den Rindern Gefallen finde. Farmer ... das wäre auch noch was für mich gewesen.
Ein richtiges amerikanisches Essen ...
... mit anschliessendem
smal talk im Garten.
Ned zeigt uns "seinen" alten Fischerhafen ... ... und Yvonne findet plötzlich "ihr" Motorboot. Ich bekomme Fischertipps vom ehemaligen Profi.























Die Golden Gate Bridge und San Francisco


Nach acht Tagen konnten wie unsere Reise erneut fortsetzen. Es war dieses Jahr wie verhext. Wiederum ergab sich nur ein kleines Wetterfenster mit nördlichen Winden, doch auch so reichte es bis nach San Francisco runter.

Mit Passatbesegelung Richtung California.
Die Sonne geht über dem Festland auf. Kitschig ... aber für mich trotzdem sehr schön.

Das Segeln entlang der kalifornischen Küste war mal mit Sonnenschein, doch meistens hatten wir den Nebel als treuen Begleiter.

Dann kam der grosse Augenblick.
Davon hatte ich schon seit vielen Jahren geträumt.
Mit unserer MOMO unter der Golden Gate Bridge durchsegeln!
Segeln war leider an diesem Tage nicht möglich gewesen, da wir bei der Brückendurchfahrt den Wind auf die Nase hatten. Doch nichts desto trotz und mit Hilfe unseres zuverlässigen eisernen Freundes, fuhren wir in die San Francisco Bay ein. Auch wenn uns kein Empfang der Stadtbehörde erwartete, ein grosser Stolz und die Befriedigung, auf eigenem Kiel unter dieser Brücke zu sein, erfüllte meine kleine Schweizerbrust.

Die letzte Tonne vor der Golden Gate Bridge.


Wow ... die Golden Gate Bridge in front of MOMO Der oberste Teil ist noch im Nebel versteckt ...

... dahinter kann man schon San Francisco sehen.
Welch ein Gefühl für uns Alpenländler ....
... MOMO passiert unter der Golden Gate Bridge ... ... dies ist nur ein kleiner Schritt für die Menschheit ... ... aber ein riesiger für uns.
Wir sind sehr stolz!

Diese Momente sind die Belohnung für so manche Entbehrungen, welche unser interessantes Nomadenleben manchmal halt auch von uns fordert.
Die majestätische Golden Gate Bridge hat eine riesige Ausstrahlung, welcher man sich nur schwer, oder gar nicht entziehen kann.
Seit 1937 überspannt das Bauwerk den Eingang zur San Francisco Bay. Mit einer lichten Durchfahrts-
höhe von 67 Metern, verbindet es mit seinen sechs Fahrspuren die Stadt San Francisco mit den nördlichen Gebieten des Marin County.
Über diese Brücke gibt es bereits unzählige Daten, Storys und Filme, so dass ich besser gar nicht damit beginne, auch noch etwas davon zu erzählen. Wikipedia ist da die beste Adresse, wenn jemand mehr darüber wissen möchte.

Die überschaubare Skyline von San Francisco an Steuerbord.

Im Mittelpunkt ist die
260 Meter hohe Trans-america Pyramide.
Alcatraz ... hier war bis 1963 das berüchtigste Zuchthaus der USA.
Die Bay Bridge.
Hecktischer Schiffsverkehr Der Encinal Yacht Club

Das berüchtigte Zuchthaus Alcatraz zur Linken und die überschaubare Skyline an Steuerbord, zogen langsam an uns vorbei. Hier in der Bay hatten wir plötzlich strahlenden Sonnenschein und idealen Wind zum Segeln.
Dank den verschiedenen Mikroklimas, von welchen es hier in California jede Menge gibt, kann sich die Wettersituation von einer Meile zur nächsten tatsächlich total verändern. Vor einer halben Stunde waren wir noch voll eingepackt, mit mehreren Schichten von Kleidern. Jetzt flog eine nach der anderen von uns, ähnlich einer Zwiebel. Obschon es noch nicht übermässig warm war, nur ca. 28 Grad, war es für uns ein kleiner (für mich angenehmer) Hitzeschock.
Nachdem wir auch die Bay Bridge, welche beim letzten grösseren Erdbeben am 17. Oktober 1989 teilweise kollabierte und viele Tote gefordert hatte, achteraus sahen, standen wir vor dem Encinal Yacht Club in Alameda. Hier erwartete uns schon Klaus, der Trans Ocean Stützpunktleiter.
Mit ihm hatten wir erstmals Kontakt aufgenommen, als wir von Newport wegsegelten. Das letzte Mail sandten wir im dann knapp vor der Einfahrt in die San Francisco Bay ... dem SSB-Funk und Sailmail sei dank.
Er organisierte uns einen Liegeplatz im Yachtclub und nahm auch gleich persönlich unsere Leinen in Empfang.
Einmal mehr durften wir die immense Gastfreundschaft eines weiteren Stützpunktleiters des TO in Anspruch nehmen. Mehr dazu im nächsten Monat.


Für uns hiess es erst einmal, das Deck der MOMO vom Salzwasser befreien und dann ab in die Koje. Diese letzte Etappe war doch etwas stressiger geworden, als uns lieb war. Der dicke Nebel und die grossen Frachter und Kreuzfahrtschiffe, welche alle San Francisco als Ziel hatten, oder von dort kamen, forderte unsere Konzentration aufs Höchste.
Da hatten wir wirklich keine ruhige Minute und der Radar wurde zum absolut unentbehrlichen Navigationsinstrument. Während einer diesen heiklen Situationen beschlossen wir, dass in San Francisco sofort ein AIS-Gerät angeschafft wird ... was wir dann auch umgehend taten.

Die Golden Gate Bridge ...
... ist von überall her ... ... sehr eindrücklich ..

... und omnipresent ...
... und im Mittelpunkt. Zirkusaufführung ... ... unter freiem Himmel. Die Transamerica Pyramide
Ein Cable Car. Chinatown Die legendäre Pier 39 ... .... und seine Bewohner.

Mit der Fähre von Alameda nach Downtown San Francisco hinein und dann mit unseren Drahteseln auf eine erste Erkundigungstour.

Vom Fisherman’s Warf zum Golden Gate Park und dann natürlich zur Golden Gate Bridge.
Das ultimative Wahrzeichen von San Francisco ist allgegenwärtig und absolut fotogen.
Dann ein erster Abstecher durch Chinatown, wo man sich echt wie nach China versetzt fühlen kann.
Im Nordosten noch kurz ein Blick auf die Cable Cars, von welchen noch heute drei Linien betrieben werden.

An der Pier 39 fanden wir ein weiteres Wahrzeichen von San Francisco. Diese Seelöwenkolonie haben, nach dem Erdbeben vom Oktober 1989, einen grossen Teil einer Marina in Beschlag genommen und werden nun dort seit Jahren nicht nur geduldet, sondern von der Stadt sogar offiziell geschützt.

Die Einstellung von "leben und leben lassen", der total multikulturellen Bevölkerung San Franciscos, machte diese Stadt für uns so sympathisch. Diese Toleranz, als lebensfrohe Stadt, hat sie sich bis heute gewahrt. San Francisco war in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts das Zentrum der Flower-Power-Bewegung und sie ist heute die Hauptstadt der Homosexuellen. Als Besucher hat man es wahrlich nicht schwer, sich schnell in diese wunderschöne Stadt zu verlieben, welche so total unamerikanisch ist.