Januar
2007
Austin Wir
hatten uns fest vorgenommen, in den ersten Wochen des neuen Jahres, erst einmal
so richtig auszuspannen. Schon lange anstehende Mails endlich zu schreiben, erste
Kontakte zu verschiedenen Boottransportfirmen herzustellen und unseren weiteren
Reiseplan zu konkretisieren.
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Das
Capitol. | Freiheitskämpfer. | Das
Amtshaus.
| City |
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Alt
und neu. | Der
Mond. | Unterwegs
mit dem Velo.
| Unsere
Wandergruppe mit Sonya und Ingo.
| Zwischendurch
waren natürlich immer wieder Besuche nach Downtown Austin auf dem Tagesprogramm.
Diese Stadt ist übrigens die Heimat von Lance Armstrong, dem siebenfachen
Gewinner der Tour de France. Davon sieht man hier aber absolut nichts, ausser,
als ich zufälligerweise einmal ein Fitnessstudio mit seinem Namen sah. In
dieser Zeit hatten wir vermehrten Kontakt zu Sonya und Ingo. Sonya ist Amerikanerin
und Ingo ist aus Deutschland, lebt jedoch schon seit 98 in den USA. Die beiden
haben sich ein Jahr Auszeit genommen und wollen nun mit Ihrem Fifth Wheeler, die
Schönheiten des Landes besser kennen lernen. Da Sonya von Beruf Deutsch/Englischübersetzerin
ist, kann sie Ihren Brötchenerwerb problemlos von unterwegs ausüben.
Mit der heutigen Satellitentechnik sind sie überall immer mit dem Internet
verbunden und die Aufträge flattern, natürlich per Mail, nur so in ihr
rollendes Heim. Weil
momentan Sonya das Geld für das tägliche Leben hereinbringt, hat Ingo
nun den Part des Servicetechnikers und Hausmannes, oder besser gesagt, "Mann
für alles" eingenommen. Daher war es nur verständlich, dass
er unbedingt die Brotbackkunst von Yvonne erlernen wollte. Nachdem er, zu seiner
Zufriedenheit, einige Brote gebacken hatte, wagte er sich an den Berner Butterzopf.
Überraschend schnell hatte er den Dreh des Flechtens begriffen und eines
Abend, nach einem Nachtessen bei uns, präsentierte er voller Stolz seinen
ersten, selber gebackenen Zopf.
Gospelbrunch
Hier
im Süden wollten wir unbedingt die Gelegenheit nutzen und ein solches Konzert
anhören. Dazu gab es für uns zwei Möglichkeiten. Entweder gingen
wir in eine Baptistenkirche, wo das Konzert während der Predigt gratis gewesen
wäre, oder, wir besuchten ein kommerzielles Konzert und bezahlten. Wir entschieden
uns für das Zweite. Wir fanden das ehrlicher und konnten so erst noch das
Musikalische mit dem Kulinarischen verbinden. Bei "Studds",
einem alten Musikrestaurant, wurden wir fündig. Dieses geschichtsträchtige
Lokal hat jeden Sonntag seinen traditionellen Gospelbrunch in seinem Programm.
Die Musikdarbietung war absolute Spitze und das Brunchbuffet amerikanisch
. hatte aber zu diesem Anlass absolut gepasst und auch sehr gut geschmeckt. Zu
diesem Brunch stiessen Mischa und Martin wieder zu uns und gemeinsam feierten
wir an diesem Sonntag auch noch gerade den Geburtstag von Mischa. Es gab natürlich
wiederum vieles zu erzählen und am späteren Nachmittag war auch ein
Billardspiel angesagt. Es wurde sehr intensiv, wenn auch nicht gerade auf
weltmeisterlichem Niveau, um jeden Ball gekämpft. Hauptsache Spass, hiess
unser Motto und den hatten wir alle.
Eisregen
Bisher
hatten wir einen aussergewöhnlich warmen, texanischen Winter erlebt. Die
Temperaturen bewegten sich im Schnitt um die 20 Grad und es war sehr angenehm
mild. Tagsüber war richtiges T-Shirt-Wetter, immer ca. 10 Grad zu warm und
wolkenloser Himmel. Dies
änderte sich dann aber von einem Tag zum anderen. Ohne Übergang fiel
das Thermometer unter null und es wurde saukalt und unser MOMObil immer schwerer.
Ja schwerer, denn der Regen verwandelte sich am Boden sofort zu Eis. Wir konnten
richtiggehend zusehen, wie die Eisschicht immer dicker wurde. Südtexas kam
noch relativ glimpflich davon. Hier waren die Strassen nur zwei bis drei Tage
leer von Autos und das öffentliche Leben stockte total.
Andere Teile, weiter nördlich und westlich von uns, traf es bedeutend
schlimmer. Da floss tagelang, zum Teil über eine Woche, kein Strom mehr aus
der Steckdose. Wer die Amerikaner kennt, weiss, dies ist das schlimmste denkbare
Szenario für sie. Da viele Haushalte auch mit der Heizung absolut auf diese
Steckdosenenergie angewiesen sind, hatten dort die Leute nun echt gefroren.
Im
Fernsehen wurden Bilder von runterhängenden Hochspannungsleitungen gezeigt,
wo die Drähte mit bis zu 7 cm dick mit Eis belegt waren. Mit diesem enormen
Zusatzgewicht rissen die Drähte und es knickten die Masten ein. Obschon
unser MOMObil,
wie früher schon erwähnt, nicht unbedingt wintertauglich ist, überstanden
wir auch diese Zeit. Die Gasheizung konnte nun endlich richtig zeigen, dass wir
sie nicht nur als Ballast mitführten. Für die Nacht wurde die altbewährte
Bettflasche in Betrieb genommen und es gibt ja sonst auch noch andere Aktivitäten,
welche zwei Menschen erwärmen können
Entreissdiebstahl Seit
Beginn unserer Reise im Jahre 2001, hat sich bei uns der so genannte 7te Sinn
verschärft und bisher recht gut bewährt. Die wenigen kritischen Begegnungen
konnten wir daher immer problemlos meistern, oder sie kamen erst gar nicht an
uns heran. Ausser mit Philippe, dem französischen Kleingauner in Brasilien,
hatten wir daher keine nennenswerten Probleme gehabt. Hier in den USA fühlten
wir uns bisher eigentlich immer sehr sicher. Da wir die Grossstädte, soweit
wie möglich, gemieden hatten, war auch nie eine direkte Gefahr zu sehen gewesen.
Nach und nach wurden wir infolgedessen vielleicht doch etwas unvorsichtiger. Dies
sollte sich, gegen Ende unseres Austinaufenthaltes, dann bitter rächen. Nachdem
wir bisher schon viele Male mit dem Bus in die Innenstadt gefahren waren, wollten
wir am 9. Januar ein letztes Mal dorthin gehen, um noch einige Abschiedsfotos
und Filmszenen zu drehen. Dazu kam es aber leider nicht, doch nun alles der Reihe
nach.
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Bei
dieser unscheinbaren Bushaltestelle geschah der Entreissdiebstahl.
| Die
Karte der Polizei von Austin. | Nach
einem ca. 15 minütigem Fussmarsch erreichten wir unsere Bushaltestelle und
mussten dort noch etwas auf den nächsten Bus warten. Ungefähr 5 Minuten
später setzte sich ein jüngerer Mann zu uns auf die Bank. Er war mir
und wie sich später herausstellte auch Yvonne, eigentlich von Anfang an unsympathisch
gewesen. Obschon der Jüngling sauber und gepflegt wirkte, hätte sich
noch in Südamerika bestimmt mein oben genannter 7ter Sinn gemeldet. Nach
Monaten in vermeintlicher Sicherheit, ist dieser leider etwas eingeschlafen. Da
man ja bekanntlich mit einem Rucksack am Rücken recht schlecht auf einer
Bank sitzen kann, stellte ich diesen direkt neben mich. Die Hand, wie gewohnt
als Sicherheit darauf, aber dummerweise den Arm nicht durch die Träger. Kurze
Zeit später, ich war in ein Gespräch mit Yvonne vertieft, fühlte
ich eine Ruck, meine Hand fiel runter und mein Rucksack befand sich schon 20 Meter
weit weg von mir. Nach dieser ersten Schrecksekunde verfolgte ich sofort den Dieb.
Dazu
muss ich noch sagen, dass nun eine unheimliche Wut in mir emporgestiegen war,
aber mehr auf mich, als auf den fiesen Dieb. Dass dieser Kleingauner mich so übertölpeln
konnte, kratzte stark an meinem Ego und verlieh mir (nicht von Red Bull) kleine
Flügel. Beim
Start zu der Verfolgungsjagd betrug mein Rückstand bestimmt 25 Meter. Das
nächste Haus zu unserer Bushaltestelle, war eine ca. 250 Meter weit entfernte
Tankstelle. Das Bild, welches sich da bot würde ich gerne auf einem Film,
nochmals sehen. Ich, also hinter dem Jüngling her und komme diesem tatsächlich
immer näher. Schon machte ich mir Gedanken, wie ich an ihm meine Wut auslassen
würde und er sollte büssen
. Leider, oder wie mir die Polizei
später klarmachte, glücklicherweise, kam es nicht dazu. Kurz vor der
erwähnten Tankstelle stand ein wartendes Auto, mit drei weiteren Schwarzen
darin. Obschon ich nur noch ca. 10 Meter hinter ihm war, konnte er zu ihnen ins
Auto springen. Ich merkte mir die Autonummer und ging ins Office, um sofort die
Polizei zu alarmieren. Nach
unglaublich kurzer Zeit trafen, das ist Tatsache, drei verschiedene Polizeiwagen
ein. Noch während ich nun die ganze Geschichte zu Protokoll geben musste,
kamen zwei Amerikaner und überbrachten uns unseren Rucksack und einen Teil
von seinem Inhalt. Es fehlte noch einiges und das, was nun da vor uns lag, war
total lädiert, zerkratzt und zerschlissen. Die beiden Amerikaner, der
eine mit seinem Auto und der andere mit dem Motorrad, hatten von der Tankstelle
aus das Ganze beobachtet und spontan und absolut unamerikanisch, die Verfolgung
der Diebe aufgenommen. Die Diebe waren anscheinend nur an Bargeld interessiert
gewesen. Somit entledigten sie sich der weiteren Beute, als sie die Verfolgung
realisierten. Der total geöffnete und durchsuchte Rücksack wurde einfach
aus ihrem schnell fahrenden Auto geworfen. Sein gesamter Inhalt schlitterte über
die ganze Strasse und Du kannst Dir bestimmt vorstellen, wie das, zum Beispiel,
unser Sony-Camcorder überstanden hat
. Wir sind dann später
selber nochmals, mit den Fahrrädern, an die Fundstelle des Rucksackes hingegangen
und fanden zum Glück sogar noch einige weitere, der noch vermissten Dinge
wieder. Einer
der Amerikaner machte dann noch zu Yvonne die Bemerkung, dass sie sich niemals
mehr so mutig vor ein Auto stellen solle. Da ich von dieser Geschichte noch nichts
wusste, erzählte er sie mir und der anwesenden Polizei. Als
der Dieb ins Auto gesprungen und ich ins Office gerannt war, sei Yvonne auch bei
der Tankstelle eingetroffen. Das wegfahrende Fahrzeug der Diebe musste wegen dem
Strassenverkehr kurz stoppen. Dies nützte Yvonne aus, um sich mutig vor das
Auto zu stellen. In ihrem Zorn hämmerte sie auf die Kühlerhaube ein
und schrie die Insassen, in urchigem Schweizerdeutsch, gehörig an. Dies machte
den Schwarzen anscheinend Eindruck, denn sie wendeten das Auto und flohen nun
in entgegen gesetzter Richtung. Die beiden Amerikaner versicherten uns später,
diese mutige Aktion hätte sie erst veranlasst, die Verfolgung des flüchtenden
Autos aufzunehmen. Die Polizisten fanden an dieser Geschichte aber nichts Gutes.
Dass Yvonne nun noch hier stehe, grenze an ein Wunder, denn normalerweise würde
sie einfach über den Haufen gefahren
Ob wir denn eigentlich nicht
wüssten, dass wir uns hier in der gefährlichsten Region von Austin befinden
würden? Trotz
allem, in dieser schwierigen Situation zeigte mein "Navigator" extrem
grossen Mut und ich bin sehr stolz auf ihn. Yvonne ist seitdem mein grosser "little
hero". Alles
hat bekanntlich zwei Seiten und so auch diese Geschichte. Glücklicherweise
war sie für uns noch relativ glimpflich abgelaufen, doch werden wir in Zukunft,
auch an vermeintlich sicheren Orten, wieder vermehrt auf unseren 7ten Sinn hören.
San
Antonio
Nach
einem Monat der Erholung, hatten wir unsere internen Batterien wieder aufgetankt.
Da die äusseren Umstände (Entreissdiebstahl, Wetter) uns hier auch nicht
mehr weiter festhielten, starteten wir das MOMObil. Während
einem kurzen Stopp in San Antonio, der zweitgrössten und zugleich ältesten
Stadt Texas, wollten wir den bekannten "River Walk" abschreiten. Dies
ist eine wunderschöne, durchs Stadtzentrum führende fünf Kilometer
lange Flusspromenade, entlang des San Antonio Rivers. Sie ist gesäumt
von subtropischer Vegetation, malerischen Brücken und unzähligen Restaurants,
Cafés und Boutiquen. Der Bau dieser Promenade geht auf die 1920er und
30er Jahre zurück. Zuerst wurde sie aus Gründen der Flussregulierung
und dann, als sinnvolle Arbeitsbeschaffungsmassnahme zur Zeit der grossen Weltwirtschaftskrise,
zum Zwecke der Verschönerung der Stadt gebaut. Eingepackt
in warme Winterkleider und den Nieselregen immer vor der Nase, konnten wir nur
erahnen, wie romantisch, aber bestimmt auch äusserst belebt, dieser Flussspazierweg
im Sommer sein muss.
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The
Alamo. | Weitere
Besucher.
| Eine
weitere Sehenswürdigkeit, welche nicht ausgelassen werden durfte, war "Die
Alamo". "The Alamo" ist eine teilweise wieder rekonstruierte
spanische Missionsstation, im Inneren der heutigen Stadt. Sie war damals der Schauplatz,
an welchem 1836, 189 Texas Patrioten starben. Dies geschah, während sie ihr
Land, leider erfolglos, gegen eine zahlenmässig weit überlegende mexikanische
Armee zu verteidigen versuchten.
Heute beherbergt
die renovierte Station ein Museum, welches die damalige Schlacht, aus texanischer
Sicht gesehen, ein wenig gar verherrlicht. Das dazugehörende Souveniergeschäft
bietet, wie heute leider beinahe überall auf der Welt, eine Unmenge Kitsch
aus China feil.
Der
Beginn von vier langen Wochen Von
San Antonio aus führen wir weiter ostwärts bis nach Spring, einer Kleinstadt
nördlich von Houston. Nachdem wir uns dort ein wenig auf einem luxuriösen
RV-Park eingelebt hatten, war es am 25. Januar soweit, dass Yvonne in die Schweiz
zurück flog. In den nächsten vier Wochen waren bei ihr die anstehenden
gesundheitlichen Untersuchungen und verschiedenste Erledigungen in der Heimat
angesagt. Sie sollte somit also voll ausgelastet und beschäftigt sein. Bei
mir sah das etwas anders aus. Obschon wir für diese Zeit einen Campingplatz
mit Fitnessraum und sonstigen Annehmlichkeiten ausgewählt hatten, wurde es
nun doch schlagartig sehr ruhig und etwas einsam in unserem MOMObil.
Auch wenn ich endlich Zeit fand, unsere Homepage zu aktualisieren und sich die
anderen Mitcamper teilweise rührend um mich kümmerten, fehlte etwas
entscheidendes, doch darüber mehr im nächsten Monat.
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