Juli 2003




Unser Alltag in Jacaré

Am Sonntag, 6. Juli 2003 um 15:30 Uhr, fällt unser Anker vor dem kleinen Dorf Jacaré, bei João Pessoa, auf Grund. Hier wollen wir die nächsten sechs Wochen verbringen. Es sind wieder einmal verschiedene Unterhaltsarbeiten und Erneuerungen am Boot angesagt.

Der Leuchtturm am Eingang zum Rio Paraíba.

Was für uns Seglernomaden der normale Alltag darstellt, ist für Euch zu Hause nur schwer nachvollziehbar. Über das Einkaufen, beziehungsweise Finden eines eigentlich gewöhnlichen Gegenstandes für das Boot, könnten wir Langzeitsegler ganze Seiten, um nicht zu sagen dicke Bücher, füllen.
Bitte, das ist jetzt absolut kein Jammern, sondern einfach Tatsache. Aus einer unscheinbaren Kleinigkeit, wird plötzlich ein unlösbares Problem. Mann, oder Frau marschiert, denn Auto haben wir ja keines mehr, kilometerlang durch eine fremde Stadt. Von einem Geschäft wirst du an das nächste verwiesen. Hier in Brasilien sind die Leute glücklicherweise so freundlich und hilfsbereit, dass sie manchmal sogar eine kleine Strecke mitkommen, um uns den Weg zu zeigen. Nachdem du dann mindestens das zehnte Geschäft abgeklappert hast, ist es mittlerweilen Abend geworden, deine Kondition neigt sich langsam dem Ende und du hörst somit automatisch mit der Suche auf. Zur Verteidigung von Brasilien muss ich aber ausdrücklich sagen, für das normale Leben findest du hier eigentlich alles und dann erst noch zu Preisen, wo der Geldbeutel bei uns Europäern richtige Luftsprünge macht.

Einige Beispiele gefällig?
1 Kg 1A Filet-Mignon = sFr. 7.50
1 Kg Tomaten = sFr. 0.55
1 Ananas = sFr. 0.60
1 Liter Milch = sFr. 0.65

1 Paar Hosen, modern und gute Qualität = sFr. 20.--
1 Polohemd, modern und gute Qualität
= sFr. 14.--
1 Mittagessen, Auswahl: 10 x Salate, 5 x Fleisch, 5 x Gemüse, 5 x Teigwaren usw. = sFr. 4.50
1 Abendessen à Diskretion, vom File
t über Sushi und noch bis zu 20 Dessert ist alles inbegriffen = sFr. 9.50

Hier gilt der Grundsatz: Alles was in Brasilien hergestellt wird, ist extrem günstig und alles was importiert werden muss, ist dann, für hiesige Verhältnisse sehr teuer, oder eben gar nicht vorhanden.





Ausflug nach Natal

Am Montag, 21. Juli, fahren wir mit einem Überlandbuss, zusammen mit der deutschen Momo-Crew, nach der Hauptstadt von Rio Grande do Norte. Den speziellen Namen hat diese 600.000 Einwohner grosse Stadt erhalten, weil sie an Weihnachten 1599 gegründet worden ist.
Schon auf den Kapverden habe ich mir vorgenommen, diese Stadt zu besuchen. Der Name hatte immer eine magische Anziehungskraft auf mich. Leider wurden meine Vorstellungen von diesem Ort bei weitem nicht erfüllt. Das, was diese Region in Fülle zu bieten hat, sind einsame und kilometerlange Sandstrände. Ein Paradies für die wilden Strandbuggyfahrer, doch dies habe ich hier eigentlich nicht gesucht.

Der Leuchtturm wird langsam von den Hoch-häusern aufgeschluckt.

Die Brandung. Praia do Forte, ein ganz kleiner Teil der unend-lichen Strände von Natal.

Forte dos Reis Magos .... .... sein Innenhof ....
der Turm ....

.... ein Spaziergang auf der Mauer.

Renoviertes Gebäude. Über Architektur lässt sich ja streiten.
So will Yvonne mich in Zukunft durch das Leben tragen !!!
Barbara und Wolfgang sind nach dem Stadtrundgang geschafft. Krokodile, zum Glück nicht unmittelbar neben unserem Boot. Ich schlafe, aber nur zu deiner Täuschung. Meditation am Wasser. Das ist ein richtiger Geniesser.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 








"Gentleman"-Einbruch auf unserer MOMO

Nun hat es uns also doch auch erwischt. Auf unserer MOMO waren Einbrecher am Werk. Doch die die ganze Geschichte der Reihe nach.
Als wir, so gegen 20:00, von unserem Natalausflug auf unser Boot zurückgekommen waren, haben wir die 8 mm starke Inoxkette vom Niedergang weggenommen und die Türe aufgeschlossen. Wir gingen ins Boot rein und alles sah ganz normal aus. Plötzlich rief Yvonne aus der Pantry, dass es hier auf der Küchenablage, wie nach einem Sandsturm in Tunesien aussehe. Der vermeintliche Sand entpuppte sich dann aber, beim genaueren Hinsehen, als Metallstaub. Ein kurzer Blick nach oben und meine Befürchtung war Tatsache. Eine, unserer 16 mm dicken Inoxstangen war mitten durchgesägt. Somit war ein kleiner Durchgang von nicht einmal 24 cm gewaltsam geschaffen worden. Zum Einsteigen mussten der, oder die Einbrecher, die Inoxstange nun mit einigem Kraftaufwand noch nach aussen biegen.

Die intakte Einbruchsicherung im Duschen/WC - Luck.

Aufgesägt und nach aussen gebogen.
Blick von innen auf die Inoxstangen.

Nach dem ersten Schock gingen wir an die Inspektion der verschiedenen Bootsverstecke und der Überprüfung des Inventars.
Notebook noch da, zum Glück. Hand-GPS und Hand-UKW auch an ihrem Platz. Am Navigationsplatz klafft kein Loch, also auch nichts weg. Die Kleiderschränke sind nicht durchwühlt. Die Waffe ist auch an ihrem vorgesehenen Ort. Die Handwerkzeugmaschinen liegen im Werkzeugschrank. Der Tresor ist unbeschädigt und es scheint, auf den ersten Blick, nichts zu fehlen.

Was soll denn das Ganze? Ich sitze im Salon und versuche mir ein Bild über das soeben erlebte zu machen. Da kommt aus der Achterkabine ein Aufschrei von Yvonne. Sie hat entdeckt, dass ihr gesamter Schmuck fehlt. Eine Tupperwaredose mit den verschiedensten Ohr- und Fingerringen, Halsketten usw. ist weg.
Dadurch wird die ganze Geschichte aber auch nicht einfacher, im Gegenteil. Wir beginnen, wie "Klein-Sherlock-Holms", die verschiedensten Theorien zu entwickeln. Das kanadische und das australische Segelboot waren letzte Woche je vier Tage lang unbewohnt und nichts ist passiert. Der grosse brasilianische Kat ist seit zwei Wochen unbewohnt. Unser Dingi war, wie jede Nacht, am Heckdavit hochgezogen. Wir sind nur kurz für zwei Tage weg und schon steigt jemand bei uns ein. Irgendwie scheint mir das einfach kein Zufall zu sein. Unsere MOMO sieht von aussen, wegen dem naturbelassenen Alu, weniger schön aus, als die weissen Kunststoffboote. Bei uns sind auch noch starke Inoxstangen, als zusätzliche Einbruchsicherung, die anderen Boote haben das nicht.

Meine Gedanken drehen sich weiter im Kreis und in mir kommt ein Verdacht hoch. Ein Einheimischer hätte bestimmt die Kleider durchwühlt und noch nach Geld gesucht. Er hätte einige Handmaschinen mitgenommen und bestimmt keine Sorge zu unserer Einrichtung getragen. Doch nirgends war eine Unordnung hinterlassen worden.

Nur eine Person wusste, dass wir für kurze Zeit weggehen werden. Dass unsere MOMO in dieser Nacht also unbewohnt sein wird. Doch, dann wäre das aber ja ein Europäer und kein einheimischer Dieb. Ich habe leider keinen Beweis gegen diesen Mann in der Hand, doch jetzt wird mir alles schon ein wenig klarer. Diese Person wird einem anderen Landsmann einen Tipp gegeben haben, denn er selber wäre nicht durch die kleine 24-cm-Luckenöffnung hindurch gekommen. Doch was soll's. Ich kann hier weiterhin nur spekulieren und nichts beweisen. Die einheimische Polizei übrigens auch.