Juli 2005

 

St. Mary's City in Maryland

Die nachgebaute, kleine "Maryland Dove". So sollen hier angeblich die Indianer gelebt haben.
Nachgebautes Haus der ersten europäischen Siedler und ein alter Gemüsegarten.

371 Jahre vor unserer MOMO, das heisst, im Jahr 1634 landeten die zwei englischen Segelschiffe "Ark", das grössere und das kleinere, die "Dove", an der gleichen Stelle wie wir. Mit dabei waren damals noch 140 Kolonisten und der Gouverneur Leonard Calvert. Sofort wurde dann St. Mary's City gegründet. Für eine kurze Zeit war sie die Hauptstadt vom heutigen Bundesstaat Maryland.

Heute gibt es davon aber nur noch einige neu nachgebaute Häuser und ein paar freigelegte alte Grundmauern. Von einem Dorf, geschweige denn von einer City, ist jetzt nichts mehr da.


Der eine Teil, welcher das jetzige St. Mary's City heute noch darstellt, ist das grosse College mit dem gleichen Namen.

Historic St. Mary's City ist der andere Teil und ist sehr ähnlich, natürlich nur viel kleiner, wie der Ballenberg bei uns in der Schweiz. Einige Häuser sind originalgetreu wieder nachgebaut, mit alten Möbeln versehen und zur öffentlichen Besichtigung freigegeben.

Alle Betreuer und Betreuerinnen dieser Häuser sind gekleidet wie zur Gründerzeit der Ortschaft. Es gab einige davon, die spielten ihre Rolle absolut täuschend echt. Ein kleines Beispiel sei hier nur kurz erwähnt. Als Yvonne mit einer Bäuerin im grossen Garten über die Süsskartoffeln diskutierte und dabei unschuldig fragte, warum sie denn keine "normalen" Kartoffeln angepflanzt hätten, begann die ältere Frau ganz entsetzt nach ihrem Mann zu schreien und erzählte ihm, vor allen anwesenden Leuten, dass Yvonne anscheinend einen neuen Mann suche und mich mit den Kartoffeln zu vergiften versuche. Zu dieser Zeit wussten sie halt noch nicht, dass diese andere Art von Kartoffeln auch geniessbar wäre, wenn man nur den richtigen Teil der Pflanze verarbeitet.

Ein Erfahrungsaustausch im Garten.

Ohne Feuerzeug ist das Feuermachen schon etwas schwieriger. Mit einfachem Werkzeug werden lange Holzbretter gemacht. Ich versuche, nach alter Indianerart, eine Schnur zu "drehen" .... .... und hier ist das einfache Kunstwerk.







In St. Mary's City hatten wir auch noch ein weiteres gutes Erlebnis mit der U.S. Coast Guard.
Natürlich genau während unserem Abendessen tauchten die Jungs mit ihrem Boot auf und wollten ihren obligatorischen Boots- und Crewcheck machen. Wir mussten unsere gesamte Sicherheitsausrüstung zeigen und die verschiedensten Fragen beantworten. Zum Teil waren diese für uns aber so unverständlich, um nicht gerade zu sagen: unmöglich. Eine davon war zum Beispiel, ob wir fähig genug seien, um unsere MOMO sicher auf dem Wasser fortzubewegen. Im letzten Moment konnte ich mich noch gerade zurückhalten, nachdem mir Yvonne unter dem Tisch hindurch schon beinahe mein Schienbein zertrümmert hatte, die jungen Burschen zu fragen, wie sie sich das denn eigentlich so vorstellten, wie wir die tausenden von Meilen auf dem offenen Wasser überstanden hätten. Also erklärte ich ihnen nur ganz brav und freundlich, dass wir schon denken, wir seien dazu fähig. Schliesslich hätten wir in der Schweiz eine obligatorische Ausbildung, zum Führen eines Segelbootes, absolviert. Hier seien übrigens auch noch unser Fähigkeitsausweise. Ausweise? So etwas würden sie in den USA nicht kennen. Ihm genüge es vollauf, wenn wir persönlich bestätigen, dass wir dazu fähig seien.

Ansonsten erledigten diese Jungs ihren Job absolut professionell und ausgesprochen freundlich. Der Offizier gab uns sogar noch einige gute Ankertipps und weitere nützliche Insiderinfos über die Chesapeake Bay mit auf den Weg.

Uns kann hier eigentlich nicht mehr viel geschehen. Bei der Verabschiedung meinte Jamie A. Sanchez, der zuständige Offizier: "Sollten wir irgendwo unterwegs in der Chesapeake Bay ein Problem haben, könnten wir uns direkt an ihn wenden". Sprach und gab uns dazu seine Visitenkarte mit seiner persönlichen Handynummer.




Open-Air-Konzert in St. Mary's City

Wie immer, die Feuerwehr hat perfekt gepflegte Löschfahrzeuge.

Der Eintritt ist frei, eine kleine Spende wird aber dankend angenommen. Die Amerikaner lieben und pflegen, trotz High-Tech, den Stil ihrer Vorfahren.
Ungezwungene Stimmung vor dem Konzertbeginn.

Es war eine Augenweide und ein absoluter Genuss für die Ohren.

Zum Konzertabschluss gab es noch ein spektakuläres Feuerwerk.

Den Ausschlag zum Besuch dieser Gegend, gab uns eigentlich ein Typ von Renate und Hans.
Sie schwärmten von den alljährlich dort stattfindenden "River Concert Series".

Während sechs Wochen, immer im Hochsommer, finden jeden Freitagabend Konzerte unter freiem Himmel statt. Das Chesapeake Orchestra unter der Leitung von Jeffrey Silberschlag, aber jedes Mal immer auch noch ergänzt mit anderen Gastkünstlern, gab sein Können zum Besten. Vor der Bühne versammelten sich an diesem Abend um die 3000 Personen. Alle hatten ihre Stühle mitgebracht und sich in einer der drei Abteilungen niedergelassen. In der Nähe der Bühne durfte kein Lärm gemacht werden, in der 2. Abteilung gewährte die Konzertdirektion ganz leises Tuscheln und in der 3. Sektion war "small talk", Essen und eigentlich alles erlaubt.

Das ganze Spektakel, inklusive dem abschliessenden Feuerwerk, dauerte gegen drei Stunden und war, wir staunten nicht schlecht, alles absolut gratis!

Die Stimmung unter den vielen Zuschauern war extrem familiär und wir hatten ein wenig das Gefühl, dass da jeden Freitag immer die gleichen Leute im Zuschauerraum sitzen. Nach unserem Konzertbesuch konnte ich das sogar sehr gut verstehen, denn, wenn wir in dieser Gegend wohnhaft wären, würde der Freitagabend bestimmt auch für die "River Concert Series" reserviert sein.




Solomons

Der ehemalige Leuchtturm "Drum Point", von Solomon.

Das Wohnzimmer des Leuchtturmwärters. Ein Blasorchester der U.S. Army gibt ein Ständchen.
Der Marktstand ist geschlossen - ein Teil der Verkaufsware bleibt ungesichert draussen !!!

Unsere freundlichen Jungs von der U.S. Coast Guard

Unsere MOMO in der Abendsonne.

Nach der Ruhe am Ankerplatz und dem kulturellen Highlight in St. Mary's City, segelten wir nun direkt in eines der Wassersportzentren der Chesapeake Bay hinein. Hier in Solomons reihte sich eine Marina an die nächste. Links und rechts des Back Creeks lagen dicht gedrängt die Boote und viele warteten bestimmt sehnsüchtig darauf, endlich wieder einmal bewegt zu werden. Erinnerungen und Parallelen an unsere ehemalige Segelzeit auf dem Neuenburgersee kamen hoch.

Wir hatten den Ratschlag, einmal mehr von Renate und Hans, erhalten, einen Ankerplatz soweit wie möglich hinten im Creek auszusuchen. Beim langsamen nach hinten fahren stellte ich unsere Wirelessantenne auf das Cockpitdach, um sofort zu sehen, wenn ev. ein Wirelessnetzwerk erreichbar wäre. Und siehe da. Vor dem Hotel Holiday Inn gab es einen guten Ankerplatz mit Wirelessanschluss.
Das Hotel stellte ganz offiziell und gratis den hier ankernden Segelbooten sein Netz zur Verfügung. So etwas nenne ich Service pur. Nun konnte ich wieder einmal, übers Internet und erst noch direkt von der MOMO aus, meine Neugier stillen und sogar die Tagesschau und "10vor10" aus der Schweiz anschauen.

Aus den eingeplanten paar Tagen, wurden wieder einmal ganze zwei Wochen Aufenthalt am gleichen Ort. Der Besuch des Maritimmuseums und wiederum einige Ausflüge mit den Fahrrädern, brauchten halt schon ihre Zeit - doch haben wir ja diese, zu unserem grossen Glück.




Harley Davidson-Treffen in Solomons

Harley-Signet Nr. 1

Harley-Signet Nr. 2
Harley-Signet Nr. 3

Ein klassisches Modell.

Eines Samstags ertönte in der ganzen Umgebung ein ganz typisches Geräusch. Ein warmes und tiefes tack-tack-tack-tack erfüllte die Luft. Männer mit einem bestimmten Halstuch auf dem Kopf, meistens noch mit einer Tätowierung am Arm und erstaunlich viele weibliche Wesen, fuhren mit ihren fein herausgeputzten Harley Davidson in Solomons ein. Sie hatten hier ihr "Maryland-Jahrestreffen" und so stellten sich zuletzt über 600 dieser Boliden auf dem Parkplatz des Holiday Inn auf.

Obschon ich eigentlich kein Motorradfreak bin, hatte ich, ehrlich gesagt meine helle Freude an diesen chromglänzenden und mit viel Liebe gepflegten Töffs. Ich staunte nicht schlecht, wie diese Motorradfahrer und natürlich auch -innen, hier ihre Philosophie bis ins Detail nachlebten. Wie sie ihre fahrenden Untersätze in Schuss halten und wie sie jedes kleine einzelne Teil, sei es auch nur ein ganz gewöhnlicher Fussständer, die Lederfransen, ihre Maskottchen, oder wie sie die USA-Flagge auf den Tank aufmalen, zeugt von viel Liebe und Identifikation zu ihrer Harley Davidson.

Beim Geschicklichkeitsparcours, natürlich gegen einige ausgewählte Countysheriffs, war die Begeisterung und Lautstärke unter den Zuschauern, wie bei uns an einem Fussballspiel.
Unter riesengrossem Geratter führ die Harleyfamilie, am Schluss der Nachmittagsveranstaltung und vor dem grossen Abendbuffet, noch eine Ehrenrunde auf der Halbinsel. Wer weiss, wie laut eine einzige Originalharley Davidson dröhnt, kann sich vielleicht den Lärm von diesen 600 Boliden ein wenig vorstellen - jawohl, sehr sehr laut, aber eindrücklich, friedlich und schön war's trotzdem.

Alles ist verchromt. Felgen ohne Grenzen. Die originelle Fussstütze.
"Domina" als Beschützerin. Ein klassischer Patriot.
Ein eher moderner Patriot.

Die alte Federung.

Ein Sitz mit Stereo. Die ultimative Harley .... .... mit Formel 1 Hinterrad.
Eine Harley, mit einer etwas eigenen Farbwahl. Perfekt bis ins letzte Detail. Der Sheriff von Charles County. Ein technisch sehr anspruchsvoller Parcours Ein imposanter, aber leider etwas ungeordneter, Konvoi

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 







Weiter Richtung Annapolis, ein unangenehmes Unwetter und die amerikanische Gastfreundschaft

Romantischer Mondaufgang im Philipps Creek. Typischer Fahrtensegler "sun downer", mit vier verschiedenen Nationen.

Nachdem wir (unter uns gesagt: ich) uns endlich entschliessen konnten, das angenehme Leben mit Internetanschluss an die weite Welt, dem Supermarkt und dem fliessenden Wasser direkt vor der Bootstüre, aufzugeben, segelten wir bei leichtem Südwind auf die Ostseite der Chesapeake Bay. Mutterseelenallein ankerten wir im Philipps Creek. Von dort aus besuchten wir unsere Freunde von der deutschen Momo, welche ihr Arbeitslager in Cambridge aufgeschlagen hatten. Dass sie sich ausgerechnet gerade den heissen Juli zum Arbeiten an ihrem Boot ausgesucht hatten, wir ihre persönliche Entscheidung, doch hatten wir schon ein wenig Erbarmen mit ihnen und überraschten sie daher mit einer leckeren 1,5-Kilogrammpackung Icecreams.

Über das kleine und feine, aber sehr touristische Städtchen St. Michaels, führte uns unser weiterer Weg in den Harness Creek, auf der Südseite von Annapolis.
Ausser einigen Segel- und Motorbooten, welche aber alle an privaten Stegen und vor meistens wunderbaren Villen liegen, waren wir, wie gewohnt, das einzige Boot vor Anker. Da im Wetterfunkkanal gegen Abend, zwar nördlich von unserem Ankerplatz, starke Gewitter angesagt waren, fuhren wir den Anker besonders gut ein. Als sich der Himmel rapid verdunkelte, entfernten wir schnellstmöglichst alle Sonnenschütze und Windsäcke vom Deck. Wir waren wirklich gerade fertig damit, als sich unsere MOMO um 180 Grad drehte. Dann kamen der Regen und die erste Windböe. Wirklich aus dem Nichts, aus der Windstille heraus begann es nun zu blasen. Trotz den gut dreissig Meter Kette, welche wir auf einer Wassertiefe von nur gerade drei Metern gesteckt hatten, traute ich dem Ankergrund nicht so ganz. Der Windmesser zeigte auch immer mehr an und somit entschloss ich mich, zusätzlich noch den Motor zu starten und leicht gegen den Wind anzufahren. Dass das eine richtige Vorsichtsmassnahme war, bestätigte mir ein weiterer Blick auf die Windanzeige. Schon war der Wind auf über 60 Knoten angestiegen und unsere MOMO rollte von einer Seite auf die andere und ruckte sehr heftig am Ankergeschirr. Der ganze Spuk dauerte nur ca. 15 Minuten, dann war es praktisch wieder windstill. So überfallartig wie das Unwetter gekommen war, so schnell ging es auch wieder vorbei. Wie wir später vernommen hatten, soll die Spitzenwindgeschwindigkeit sogar gegen 75 Knoten, das sind knappe 140 Stundenkilometer betragen haben.

Anschliessend sassen wir im Cockpit, um uns ein wenig vom Schreck zu erholen. Nun kamen aus der Villa, nächst zu unserer MOMO, eine Frau und ein Mann zu ihrem Bootssteg heraus.
Ellen und Hank anerboten uns spontan, ihren zusätzlichen und leer stehenden Bootsplatz, an ihrem grossen Bootssteg, zu benützen. Wasser und Strom würde uns selbstverständlich auch kostenlos zur Verfügung stehen. Wenn Yvonne eine Wäsche machen müsse, die Waschmaschine und der Tumbler würden in der Waschküche stehen. Unsere Fahrräder müssten wir auch nicht jeden Abend wieder umständlich zurück an Bord nehmen, dafür sei doch genug Platz in ihrem Bootshaus. Wenn wir sonst noch irgendwie ihre Hilfe benötigen würden, es würde sie sehr freuen uns irgendwie helfen zu können. So einfach, klar und deutlich sagt man das hier.

Einmal mehr haben uns die Amerikaner, mit ihrer grosszügigen Gastfreundschaft, überrumpelt.
Wie lange wir ihr phantastisches Angebot, mit diesem absolut sicheren Liegeplatz, annehmen werden, wissen wir noch nicht genau. Jedenfalls haben wir uns nun schon entschlossen, von hier aus unsere verschiedensten geplanten Tagesausflüge nach Washington zu unternehmen.