Juni 2005
New
Bern, in Nord Carolina
Die
deutsche Momo war noch in Wilmington geblieben, um einige Reparaturarbeiten
zu erledigen. Wir selber waren nun auf einem Abstecher, den ich unter
allen Umständen machen wollte und zwar nach New Bern. Als absolut
bernischer Patriot, wie mich Yvonne des öftern bezeichnet, war
es für mich schon lange klar, dass ich diese Stadt unbedingt besuchen
werde. Ganz gespannt fuhren wir die gut zwanzig Seemeilen, den Neuse
River, hoch. Dann waren wir vor der Stadt New Bern. Doch keine Marschkapelle
spielte zum Empfang und der Bürgermeister war gerade an einer Besprechung
mit George W. Bush. Zu meinem kleinen Trost, wehten doch einige Bernerfahnen
im Wind. Spass bei Seite. Als ich, nach doch nun schon vier Jahren auf
hoher See zu Hause, diese Bernerfahnen flattern sah, wurde es mir schon
ein wenig (eigentlich viel) wehmütig ums Herz.
Bei
den verschiedenen Rundgängen durch die kleine Stadt, wurden wir
überall an unser gutes, altes Bern erinnert. Vom Polizeiauto, über
die vielen privaten Häuser, von den wichtigsten Innenstadtstrassen
bis hin zu den Strassenarbeiter, war alles mit dem Bernerbär geschmückt.
Das Wappen der Stadt entspricht dem Wappen unserer Stadt Bern. Die erste
Flagge, ein Geschenk der schweizerischen Stadt Bern aus dem Jahr 1896,
ist heute im Gerichtssaal des Rathauses ausgestellt.
New Bern ist eine Kleinstadt im Craven County, im US-Bundesstaat North
Carolina. Sie wurde 1710 durch Auswanderer und Abenteurer aus der Schweiz
und Deutschland gegründet. Ihr damaliger Anführer war Baron
Christoph von Graffenried aus Bern. Der königliche Gouverneur William
Tryon machte später die kleine Hafenstadt für kurze Zeit zur
Hauptstadt der neuen Kolonien. Sein restauriertes Capitol und Wohnhaus
aus dem 18. Jahrhundert, der Tryon Palace, der unter anderem über
etwa 5,2 ha an Gärten verfügt, steht heute noch im Zentrum
von New Bern.
Im 19. Jahrhundert war New Bern noch eine bedeutende Hafenstadt, wurde
jedoch im Bürgerkrieg, nach einer schweren Schlacht am 14. März
1862, von der Armee der Nordstaaten eingenommen und besetzt. New Bern
hat heute noch drei historische Stadtteile mit Wohnhäusern, Geschäften
und Kirchen, die teilweise aus dem 19. Jahrhundert stammen. Sie hat
36 eingetragene Sehenswürdigkeiten und mehr als 150 weitere Eintragungen
im "National Register of Historic Places".
Auch wurde hier 1898 vom jungen Apotheker Caleb Bradham das Pepsi Cola
in seiner Apotheke, der "Bradham's Pharmacy", erfunden und
zunächst bekannt als "Brad's Drink". Das Gebäude
steht noch heute an der Kreuzung von Middle Street und Pollock Street
im Stadtzentrum und beheimatet jetzt den historischen Pepsi Store.
Nun präsentiert sich New Bern als eine Kleinstadt, mit einem Anteil
an Dienstleistungen, Agrarwirtschaft und Industrie. Der Landkreis Craven
County beheimatet auch einen zivilen Flughafen in New Bern.
Baron
Christoph von Graffenried und die Anfangsgeschichte von New Bern
Wer
Interesse hat, kann in den untenstehenden Auszügen aus dem Academy
Museum von New Bern und in einem persönlichen Bericht von Christoph
von Graffenried, die interessante und teilweise auch blutige Entstehungsgeschichte
von New Bern nachlesen.
Tryon Palace in New Bern
Der alte
"Tryon Palace" aus dem 18. Jahrhundert, des königlichen
Gouverneur William Tryon, ist heute eine gut restaurierte Anlage.
Ausser den ca. 5,2 ha grossen Gärten sind viele Zimmer mit Originalgegenständen
aus der damaligen Zeit ausgestellt.
Unser letzter Abschnitt auf dem ICW
Tagelang
führte uns unsere Reise, leider meistens nur unter Motor, weiter
nordwärts. Manchmal sichteten wir am Ufer auch die charakteristischen
Wasserzypressen, deren Wurzeln sich im Flachwasser stützend ausbreiten.
Ein dichter Teppich gelber Seerosen bedeckte zum Teil die Uferregionen.
Der Urwald schien manchmal undurchdringlich und das Wasser war jetzt
kaffeebraun geworden.
Hier sollte es auch Alligatoren geben, doch wir sichteten sie leider
nicht. Dafür kreuzten im Wasser schwimmende Schlangen den Kurs
unserer MOMO. Auf den vielen umgestürzten Baumstämmen genossen
ganze Kolonien von Wasserschildkröten die wärmende Nachmittagssonne.
Eine große Zahl Fischadler horstete auf den Stümpfen abgebrochener
Zypressen.
Abends ankerten wir, meist nur die beiden MOMO's alleine, in einem der
vielen schmalen Seitenarme. Tausende von Fröschen quakten und verschiedene
geheimnisvolle Vogellaute waren zu hören. Manchmal war unser Ankerplatz
beinahe etwas unheimlich und mystisch, aber immer total wild und sehr
romantisch.
Plötzlich
änderte sich das Bild der Landschaft. Schlagartig war es fertig
mit der natürlichen Umgebung. Industriegebäude, Bootswerften,
grosse Marinas und natürlich die übermächtige US-Navy
beherrschten das Uferbild. Wie klein wir mit unserer MOMO eigentlich
sind, wurde uns wieder einmal klar bewusst, als wir hinter zwei mittelgrossen
Flugzeugträgern durchfuhren. Hier wurden wir nun auch, zum ersten
Mal auf USA-Boden, mit der Angst der US-Army vor Terroristenanschlägen
konfrontiert. Jedes in den Häfen stationierte Militärboot,
inklusive der Flugzeugträger, wurde von ständig patrouillierenden
kleinen Militärbooten scharf bewacht. Grosse Hinweistafeln untersagten
ein befahren des Wassers, näher als 200 Meter zu den Kriegsschiffen.
In der Luft kreisten ununterbrochen Militärflugzeuge über
der Gegend.
Viel krasser hätte der Übergang, von der noch "heilen"
Welt auf dem ICW, in die Gegenwart eigentlich nicht ausfallen können.
So schnell wie möglich durchquerten wir dieses Gebiet um die Städte
Norfolk und Portsmouth, dem südlichen Eingang zu der Chesapeake
Bay.
Leider konnte auf unserer langen IWC-Reise nicht so oft "Segeln"
angesagt werden. Mehrheitlich war in den gewundenen Creeks, wie schon
gesagt, stundenlanges "Motoren" an der Tagesordnung. Dies
schlug mir zwischendurch halt doch etwas aufs Gemüt. In solch einem
Moment ertönte plötzlich aus unserem VHF-Funkgerät Wolfgangs
Stimme. Er hatte sein schöpferisches Talent im Versedichten aktiviert
und versuchte so meine leicht bedrückte Stimmung zu heben.
Das
Gedicht von
Wolfgang Scheffner,
von der deutschen SY Momo:
Der
Bruno ist sehr missgestimmt,
weil wir immer noch im Intracoastal sind.
Nicht nur seine Frau - Yvonne - alleine,
nein, auch die "Momo", ich mein die kleine,
ärgern ihn den ganzen Tag,
bis er schliesslich nicht mehr mag.
Doch gibt's dann abends roten Wein,
lenkt er schlussendlich wieder ein.
Erste Meilen in der riesigen Chesapeake Bay
Zuerst
einige Angaben zu der Chesapeake Bay, unserem Segelrevier für den
Sommer und Herbst 2005.
Die Chesapeake
Bai ist eine sehr grosse Bucht des Atlantischen Ozeans, im Osten der
amerikanischen Bundesstaaten Maryland und Virginia. Die Bucht ist etwa
320 Kilometer lang und zwischen sechs und 64 Kilometer breit. Ihre Verbindung
zum Atlantischen Ozean, eine Passage zwischen Cape Charles im Norden
und Cape Henry (beide Virginia) im Süden, ist etwa 19 Kilometer
breit. Viele Meeresarme und Flussmündungen, darunter die der Flüsse
James, York, Rappahannock, Potomac, Patuxent und Susquehanna, gliedern
die buchtenreiche Küste. Wichtigste Häfen in der Bucht, die
durchwegs von Hochseeschiffen befahren werden können, sind Newport
News, Norfolk und Portsmouth in Virginia sowie Baltimore in Maryland.
In der Bucht werden Austern, Krabben und andere Meerestiere in größeren
Mengen gefangen.
Als ersten
Ankerplatz, in der Chesapeake Bay, hatten wir Hampton Road ausgewählt.
Welch ein Unterschied in der Kulisse, zu den einsamen Creeks des ICW's.
Zwischen einer grösseren Marina und einer Schnellstrasse konnten
wir sicher ankern. Der Nachteil dieses Platzes war eigentlich nur der,
dass diese Strasse die Zufahrt zum 28 Kilometer langen Chesapeake Bay
Bridge-Tunnel war. Diese Autostrasse war 1964 fertig gestellt worden.
Sie ist eine wichtige Strassenverbindung mit drei Brücken und zwei
Tunnels, die über die Meerenge an der Südspitze der Bay, zwischen
Cape Henry und Cape Charles, führt. Dementsprechend rege war hier
auch der Verkehr.
Daher
segelten wir, ja du hast richtig gelesen, wir segelten am nächsten
Tag weiter Richtung Fishing Bay in Deltaville. Da blieben wir erst einmal
ein paar Tage. Unsere Lebensmittelvorräte mussten aufgestockt und
einige Kleinigkeiten erledigt werden. Der Ankerplatz war direkt vor
dem Yachtclub, welcher zu dieser Zeit seine grossen Sommersegelcamps
hatte. So hatten wir des öftern unser Gaudi, wenn die Jüngsten
mit den "Optimisten" ihre Kurse absegelten. Entweder wurde
zwischen den MOMO's hindurch gefahren,
oder die beiden wurden kurzerhand als Bojen benützt.
Eines Tages
klopfte es an unserer MOMO. Renate
und Hans Müller ankerten mit ihrem Katamaran in der gleichen Bucht
und hatten unsere Schweizerflagge gesehen. Die Freude über das
unerwartete Zusammentreffen war gegenseitig. Beim abendlichen Klönschnaken
stellte sich heraus, dass die Beiden nicht allzu weit von hier wohnten.
Ohne lange zu zögern, nahmen wir gerne ihre Einladung, zu einem
Besuch in ihrem Hause, an.
Somit hiess nun plötzlich unser nächstes Ziel: Great Wicomico
River. Die deutsche Momo hatte einen Trockenplatz in Cambridge gebucht
und wollte dort für zwei Wochen aus dem Wasser, um an ihrem Boot
dringende Arbeiten zu erledigen. Wir segelten nun also wieder alleine
weiter und waren sehr gespannt, was wir bei Renate und Hans antreffen
würden. Was wir dann bei den beiden erleben durften, übertraf
unsere Erwartungen bei weitem. Ihr grosses Grundstück mit dem gemütlichen
Haus und der riesigen Gartenanlage, liegt idyllisch und direkt am Wasser.
Wir durften drei abwechslungsreiche Tage bei ihnen verbringen, mit sehr
interessanten Gesprächen und exzellenter Küche, ihre ganze
Infrastruktur benutzen und viele Insiderinfos über das Segelrevier
Chesapeake Bay und das Leben in den USA erfahren. Zuletzt konnten wir
auch noch unsere beiden Wassertanks, mit sehr gutem Trinkwasser aus
ihrer eigenen Quelle, auffüllen.
Beim Abschied mussten wir den Beiden versprechen, sie, im Herbst auf
unserer Fahrt zurück in den Süden, wiederum besuchen zu kommen.
So etwas machten wir natürlich sehr gerne und freuen uns schon
heute auf das Wiedersehen.
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