November 2003


Charlotteville / Tobago

Charlotteville auf Tobago

Wir sind nun schon seit einem Monat auf Tobago. Meine Gefühle, den Einheimischen gegenüber, sind immer noch sehr gespalten. Vom absoluten Rassismus, mit einer beinahe unvorstellbar dummen Arroganz, bis hin zu einer wirklich sehr warmen und freundlichen Art uns gegenüber, erlebte ich bisher schon alles.
Wir sind ja auch hier nur für eine begrenzte Zeit die Gäste dieses Landes und der einheimischen Bevölkerung. Zu einem Teil sind wir sehr willkommen und zum anderen Teil eben nur widerwillig geduldet. Mit einem eigenen Boot, sauberen Kleidern und Schuhen, zählt man hier schon zu den sehr reichen Leuten und das erzeugt zum Teil diese grosse Eifersucht auf uns. Natürlich dürfen wir die Vergangenheit der Vorfahren dieser Menschen hier nicht vergessen, welche von den Weissen, als Sklaven aufs schrecklichste missbraucht wurden.

Die Tage verbringen wir hier in der Bucht von Charlotteville, am ruhigen Ankerplatz, momentan noch recht locker. Die üblichen Erledigungen von allerlei kleineren Arbeiten an der MOMO, Inselwanderungen, Schnorcheln und langen Diskussionen mit anderen Seglern, lassen die Tage nur so dahinfliegen.
Zudem gibt es immer wieder ein freudiges Wiedersehen mit anderen Segelbootcrews, mit welchen wir vor längerer Zeit, in anderen Ländern, Freundschaft geschlossen haben. Da gibt es natürlich immer viel zu erzählen und es werden die neuesten Tipps, Warnungen und Empfehlungen ausgetauscht. Eigentlich genau gleich wie früher mit unseren Freunden und Bekannten. Der Unterschied besteht nur in den Themen. Was uns in der Schweiz noch sehr wichtig erschien, ist hier nicht mehr von Bedeutung. Das gilt heute natürlich auch umgekehrt. Unsere Themen und Probleme sind, aus der schweizerischen Sicht betrachtet, sicher nicht nachvollziehbar, was ich sogar verstehe.
Das Wetter spielt hier leider noch nicht ganz mit und zeigt sich von der sehr, sehr nassen Seite. Die Luftfeuchtigkeit steigt daher zeitweise auf knapp unter 100% und mit ihr auch unser Kampf gegen den Schimmel im Schiff. Dies ist übrigens eine echte Sisyphusarbeit und schlägt etwas auf die Moral von Yvonne. Sie nimmt den "Schimmel" viel zu persönlich und ihr Sauberkeitsdenken kommt so recht stark durcheinander.

Ortseingang von Charlotteville.

Steiler kann eine Strasse nicht mehr sein.

Die einfachen, aber eigenartigen Fischerboote.
Ein typisches Haus auf Tobago.

Der Quai von Charlotteville.

Ehrlich, hier drin ist das Internetcafé -
wenn es funktionierte.
Eine Telefonkabine
à la Tobago.
Unsere gut geschützte Ankerbucht von Charlotteville/Tobago. Kleiner Wasserfall mit Naturschwimmbad.
Erfrischendes Fussbad und ein kleiner Schwatz von Barbara und Yvonne. Das Segelboot der über 70 jährigen "Mo" aus den USA, im Regen und Nebel. So sieht das karibisch klare Wasser immer nach einem Tropenregen aus.
Marlies und Olivier mit ihrer "Maolis". Eine Bohrinsel von Trinidad in Sichtweite unseres Ankerplatzes. Panoramabild von Chaguaramas
auf Trinidad.

Landschaftlich gesehen ist Tobago eine sehr schöne, ursprüngliche Insel, immer noch ohne grosse Hotelanlagen und ohne Infrastuktur für uns Segler.
Die Regierung versucht, den auch hier immer grösser werdenden Tourismus, in klaren Grenzen zu halten. Nicht der billige Massentourismus, sondern eine Art von Ökotourismus wird aufgebaut. Hoffentlich klappt das!

Das nur 900 Einwohner zählende Dorf Charlotteville liegt an der Nordwestküste von Tobago und lebt hauptsächlich vom Fischfang. Mit einigen kleinen Pensionen und Restaurants, wird jetzt ein zaghafter Versuch unternommen, vom Touristenkuchen etwas abzubekommen. Wer absolute Ruhe und noch intakte Natur sucht, dem kann ich Charlotteville als Ferienort nur empfehlen.

Am 27. November haben wir unseren Anker hochgenommen und sind Richtung Trinidad losgefahren. Trotz einem, für uns eigentlich passenden Wetterbericht, mussten wir die ganzen 80 Seemeilen mit unserer eisernen Genua, sprich Motor, fahren. Mit einer unangenehme Dünung, keinem Wind, starken Regenschauern mit extremen Böen und mit einer Sicht unter 50 Meter, wurden wir konfrontiert. Ich dachte, etwa so muss Nordseesegeln sein, aber wir sind doch hier in der Karibik. Na ja, wenigstens die Temperatur, mit ihren ca. 30 Grad, stimmt noch.

Hier in Chaguaramas, auf Trinidad, müssen wir nun das Antifouling erneuern. Das bedeutet, unsere MOMO muss aus dem Wasser. Es heisst, früher sei Trinidad für die Segler ein günstiges Einkaufsland gewesen, aber eben früher. Heute sind die Preise für nautische Geräte und Material in etwa gleich hoch wie in Europa. Einzig die Kosten für einen Arbeiter sind hier noch recht tief. Da wir aber die Arbeiten selber ausführen wollen, bringt das uns leider nichts.

Der landschaftliche Unterschied könnte momentan nicht viel krasser ausfallen. Von der idyllischen Ankerbucht, in einen überfüllten Industriehafen. Von der absoluten Ruhe in der Natur, nun in den Lärm und in die Abgase der grossen Frachtschiffe. Von der einmaligen Aussicht auf den noch intakten Urwald von Tobago, nun der Blick auf eine Oelbohrinsel und einen Wald aus Masten. Abgerundet wird das Ganze noch vom mehr als nur trüben und dieselangereicherten Wasser der Bucht von Chaguaramas.

Doch solche Orte gehören eben auch zum Leben eines Langzeitseglers. Die Möglichkeiten, Material fürs Boot, geeignete und bezahlbare Plätze, um bestimmte Arbeiten ausführen zu können, sind leider begrenzt. Wir versuchen dann eben, das Ganze so schnell wie möglich zu erledigen und erwarten schon voller Ungeduld, den Tag unserer Abreise.






Die neuen Stander

Zerfranste CCS-
und TO-Flaggen.

Yvonne näht hier eine neue CCS-Flagge .... .... und hier eine neue
Trans Ocean-Flagge.
Jetzt flattern sie wieder standesgemäss.

Innerhalb von nur zwei Jahren, ist von den beiden Standern nur noch sehr wenig übriggeblieben. Ich finde, beide Hochseeorganisationen sollten eigentlich selber am besten wissen, wie gross die Ansprüche an die Stoffqualität ihrer Stander sein sollten.



Die täglichen kleinen Unterhaltsarbeiten gehören zu unserem Bordalltag

Yvonne am Reinigen der Decksluken.

Die Rollanlage dreht schwer, ein Lager muss ausgetauscht werden. Yvonne und ihr
täglicher Kampf gegen den Schimmel.

Früher hiess es immer, zuerst die Arbeit dann das Vergnügen. Heute heisst es für uns: trotz der Idylle in der Ankerbucht wird jeden Tag etwas am Boot gewartet, oder repariert. Die Belastungen für die einzelnen Teile sind wirklich gewaltig und die Qualität des Materials hält da leider nicht immer mit. Ein kleiner Trost ist es jedesmal für mich, wenn ich von der grossen Reparatur- und Mängelliste der anderen Segelboote höre. Über dieses Problem ist übrigens ein umfangreicher Artikel in der Segelzeitschrift "Yacht", Nr. 17 vom 13. August 2003 geschrieben worden. Dort wird in einer Statistik klar aufgezeigt, wie unglaublich hoch die Ausfallquoten einzelner Geräte und Materialien an Bord sind und wie unvorstellbar schlecht einzelne, sogenannt Marinequalitätsprodukte, eigentlich sind.