November 2007




Sidney, in British Columbia Canada

Nachdem an unserem Ankunftstag das Wetter noch neblig, nass und sehr unfreundlich war, zeigte es sich in der ersten Woche von seiner prächtigsten Seite … gerade so, als ob es sich bei uns einschmeicheln wollte. Laut all unserer Informationen, sollte uns ja der „härteste“ Winter, auf unserer bisherigen Blauwasserreise, bevorstehen.
Diese schönen und angenehm warmen Spätherbsttage nahmen wir dankend an, ohne zu ahnen, welch feuchte Zeit noch auf uns zukommen sollte.
Zuerst erkundeten wir natürlich einmal das kleine Städtchen, welches sich sehr europäisch präsentiert. Alle Geschäfte waren zu Fuss erreichbar und die Auswahl mehr als genügend. Sofort spürten wir den angenehmen Charme von Sidney B.C., der Hauptstadt der Buchhandlungen. Dies hört sich vielleicht etwas komisch an, doch hat es hier wirklich, natürlich nur im Verhältnis zu der Einwohnerzahl, unheimlich viele „book stores“. Die Sidneyaner sind demzufolge ein sehr belesenes Volk ….

Willkommen in Sidney B.C.
Sympathische Strassen-schilder in der Stadt. Abendstimmung im ruhigen Hafen von Sidney B.C.

Nun kann sich auch MOMO an ihrem Dock erholen.

Nach der ersten Erholungsphase und dem leisen Herantasten an den Puls dieser sympathischen kanadischen Kleinstadt, waren wir noch immer ohne näheren Kontakt zu den anderen „live abord“ der Marina. Wir fühlten, hier stimmte etwas nicht, oder besser gesagt, hier fehlte einfach etwas. Wir fanden, wortwörtlich, den Draht zueinander noch nicht. Also hiess es für uns, dem sofort und auf unkonventionelle Weise Abhilfe zu verschaffen.
Wir schrieben eine Einladung, in welcher alle Bootsbewohner der Marina aufgefordert wurden, uns am nächsten Samstag, zwischen drei und sechs Uhr, auf unserer MOMO zu besuchen. Für Café, Tee und Kuchen sei gesorgt und so erwarteten wir dann auch so um die 10 Gäste.
Denkste, am Samstag, ab drei Uhr war unsere MOMO immer gerangelt voll. Wir wussten gar nicht, dass hier überhaupt so viele Leute auf den Booten leben. Es war echt toll. Immer wenn einige unsere MOMO verliessen, kamen schon die Nächsten rein.
Wir bekamen viele gute Insidertipps und alle hatten untereinander viel Gesprächsstoff. Mehrmals stellten sie auch fest, dass sie schon seit mehreren Jahren in derselben Marina lebten, ohne sich überhaupt zu kennen. Das hörte sich beinahe so an, als ob sie in einem anonymen Hochhaus leben würden.
Dieser Samstagnachmittag war allseitig ein toller Erfolg. Wir konnten die Einheimischen überzeugen, dass wir keine daneben geratenen Schweizer sind. Ab sofort gab es bei jedem Zusammentreffen immer ein freundliches „hello“ und einen kleinen Schwatz. Die ersten Einladungen zu einem Essen lösten die Gegeneinladungen ab. Kurzum, der Bann war gebrochen und wir begannen Spass am Leben in der Marina zu bekommen.
Dieser Samstagnachmittag hatte übrigens auch zur Folge, dass nun der erste „Marina-Potlock“, das ist ein Anlass, bei welchem ein jeder etwas zum Essen mitbringt und auf einen gemeinsamen Tisch stellt, geboren wurde. Ab sofort wurde nun einmal im Monat ein gemeinsamer „Boater“-Abend eingeführt, bei welchem alle ihren Spass hatten.
Wie Du siehst, braucht es meistens nur ein wenig Eigeninitiative, um eine gute Sache in Schwung zu bringen.

Yvonne macht Halt bei ihrem neuen "Freund".

Traditionelle Bootsparade ...  ... mit vielen Lichtern geschmückten Booten.

Echt schottische Musik am "Memorial Day" in Canada.

Der Eingang zum Chinatown von Victoria.

 Herbstliches Blumenbeet in Victoria.

Sonst war unser Alltag recht ruhig. Yvonne konnte sich bei ihren täglichen Strandspaziergängen austoben und ich ging brav, regelmässig alle zwei Tage, ins Fitnesscenter. Dort eröffnete ich den Grosskampf gegen meine Rettungsringe, welche nicht übermässig, für meinen Geschmack nun aber doch langsam zu gross werden. So zogen die Tage gemächlich dahin und mit ihnen auch das anfänglich angenehme Wetter. Immer weniger zeigte sich die Sonne, doch dafür gab es vermehrt Nieselregen. Dass es in New York, übers Jahr gesehen, mehr Niederschlag gibt als hier, war für mich ein schwacher Trost. Obschon ich mich vorgänglich auf nasses Wetter eingestellt hatte, hatte ich nun zu Beginn doch echt Mühe, die feuchte und unfreundliche Witterung zu akzeptieren. Aber hier in British Columbia ist es nun halt mal so und wenn ich nächsten Frühling/Sommer nach Alaska segeln will, muss ich hier durch. Wenn meine Stimmung allzu tief unten war, hob sie Yvonne mit einem guten, selbstgebackenen Cake. Mit Speck fängt man bekanntlich Mäuse … und mit Süssigkeiten mich.

Genaue Instruktionen an Jerry, den Profitaucher.
Jerry benötigt weitere Werkzeuge und Infos. Das stark verformte Propellerblatt.

Unsere Baumstammgeschichte fand nun hier in der Marine ihre Fortsetzung. Wir hatten zwei Möglichkeiten. Entweder hoben wir die MOMO aus dem Wasser und wechselten auf dem Trockenen den Propeller selber, was uns hier aber glatte $ 450.-- gekostet hätte, oder wir gaben einem Profitaucher den Auftrag, diese Arbeit unter Wasser auszuführen. Für $ 150.-- übernahm der ehemalige Marinetaucher Jerry den Auftrag. Wer jetzt denkt, warum ich nicht selber getaucht bin, muss wissen, das Wasser hier war 6 Grad warm … nein kalt natürlich. Jerry hatte die Erfahrung, das nötige Equipment und er wurde uns empfohlen. Er machte seine Arbeit eigentlich recht gut, ausser, dass er uns die Zinkanode falsch, oder vielleicht auch gar nicht, am Propeller montiert hatte. Dies stellten wir aber leider erst Monate später fest.
Diese schlechte Erfahrung zeigte mir einmal mehr, dass man immer alles nochmals selber kontrollieren sollte, auch wenn, wie in dieser Situation, das Wasser noch so kalt ist.





Ausflug zum Gold Stream River

Norma und Rolly, mit welchen wir seit unserem „Tag des offenen Bootes“ sehr engen Kontakt hatten, luden uns zu der Besichtigung eines Naturspektakels der ersten Güte ein.

Rolly und Norma führten uns zu einem Fluss ...

... welcher echt gerammelt voll von Lachsen war ... ... welche mit letzter Kraft an ihre Geburtsstätte ...

... zurück schwammen, um sich fortzupflanzen und ...

... um zu sterben. Die Möwen warten bereits geduldig ...

... bis die erschöpften Lachse endgültig tod sind ...

... um dann die Kadaver zu verspeisen ...

... welche auch dem jungen Weisskopfadler munden.

Obschon am Ende des Schauspiels unweigerlich der Tod stand, war es faszinierend anzuschauen, wie sich die grossen Lachse den kleinen Bach hoch kämpften.
In manchmal nur noch 10 bis 15 cm tiefem Wasser, über darin liegende Äste, über kleinere Stromschnellen hoch, doch kein Hindernis war für sie zu gross.
Der genetische Drang, um zu ihrer Geburtsstätte zurück zu kehren, muss bei den Lachsen riesengross sein. Am Flussrand warteten bereits schon geduldig die Räuber. Es schien, dass die Möwen und Adler alle Zeit der Welt hatten, um sich alsdann die fettesten Brocken genüsslich aussuchen zu können.

Wir bestaunten dieses faszinierende Schauspiel der Natur ...

... wie auch den hier noch vorhandenen Nebelurwald ...   ... mit seinen urwüchsigen, wilden Formen.

Stimmt genau ... es fühlt sich sehr gut an, als kleiner Hahn im Korb.

Die meisten, der einst so kraftvollen Lachse, hatten schon einen Teil ihrer intensiven Farbe verloren. Jetzt torkelten sie quasi nur noch die letzten Meter dem Ziel entgegen.
Die Weibchen legten ihre Eier in den sandigen Boden und die männlichen Lachse wanden  sich darauf. Kurze Zeit später sah man sie schon mit leichter Seitenlage schwimmen, bevor es mit ihnen definitiv zu Ende ging. Der Kreis war endgültig geschlossen und sie hatten ihre Aufgabe erfüllt.

Glücklicherweise bin ich kein Lachs und unsere Fortpflanzung endet nicht unweigerlich mit dem Tod ..
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