Oktober 2008



Weiterhin südwärts in B.C.

Nach dem Besuch in Smuggler Cove, wollten wir nun zügig in unser Winterquartier fahren. Zuerst nach Nanaimo, doch schon dorthin ging es nicht ganz so schnell. Der direkte Weg wurde uns von der kanadischen Marine versperrt. Über VHF-Funk gab es Warnungen, „Whisky-Golf“, dies ist der militärische Name für ein grosses Übungsgebiet, ist an diesem Tage nicht zu befahren. Es waren Übungen aus der Luft und von Kriegsschiffen, natürlich mit scharfer Munition, angesagt.  Dies bedeutete für uns, abdrehen und ca. 15 Meilen Umweg in Kauf nehmen. Das war aber immer noch die bessere Alternative, als versenkt zu werden.

Nanaimo präsentiert sich in der Herbstsonne.

Unser Ankerplatz in Nanaimo. Das Wassertaxi passiert nahe unserer MOMO.

Zeitweise flogen uns die Flugzeuge um die Ohren.
Hier konnten wir Brombeerenpflücken ... ... bis zum totalen Abwinken ... ... doch schau hier unser feines Dessertteller. 150 Jahre B.C.- doch wir sahen kein einziges Fest!

In Nanaimo wurden noch einige Sachen, welche in den USA dann teurer, oder nicht erhältlich sind, eingekauft. Nachdem wir noch unseren Spaziergang auf der Newcastle Island hinter uns hatten, ging es weiter nach Montague Harbour. Hier machten wir bei unserer Fahrt nordwärts,  schon einmal Halt. Damals hatte ich ein Problem mit meinem Rücken. Beim Hochziehen des Dinghis, schoss mir die Hexe in den Rücken. Ein typischer Hexenschuss. Mit Geduld und den Salben aus unserer Bordapotheke kriegte ich sie wieder weg. Jetzt waren wir also wieder in derselben Bucht vor Anker und ich machte noch Witze über die Hexe von damals. Dies hätte ich anscheinend unterlassen sollen, denn diesmal traf es mich noch härter.
Nach einem erfolglosen Fischervormittag, wollte ich, leicht frustriert und vom Regen durchnässt und durchfroren, den Aussenborder starten. Eine dumme Bewegung von mir und etwas in der Achsel war nicht mehr, wie es sein sollte. Nun halfen keine Salben und mein Gefluche schon gar nicht. Diese Verletzung stellte sich, als ein nicht eingeplantes, grösseres Handicap dar.
Glücklicherweise, das Glück hatte mich trotz dieser Verletzung anscheinend noch nicht verlassen, waren wir nur noch zwei Tage von unserem Winterlager entfernt. Nicht auszudenken, wie unsere lange Alaskareise verlaufen wäre, wäre dieser Unfall schon einige Monate vorher passiert. Ein Arztbesuch in der Wildnis, nicht ein Ding der Unmöglichkeit, aber doch beinahe.



Ankunft in Roche Harbor

Nach langem Hin und Her hatten wir uns vor zwei Wochen definitiv entschieden, den nächsten Winter nicht wieder in Kanada zu verbringen. Das manchmal recht mühsame Prozedere der kanadischen Visumsverlängerung und die überrissenen Marinagebühren, führten zu diesem negativen Entscheid, gegen British Columbia. Die Alternative hiess nun, zurück nach den USA. Besser gesagt, zu den Gulf Island.

Die altbekannte
US-Flagge wird wieder einmal gehisst.

"Unser" Teil des gemütlichen Hafens von Roche Harbor.

Das historische Hotel
"de Haro", verlassen ausserhalb der Saison.

"Unser" gediegener Steg zur Hotelanlage.
Das sehr gepflegte Restaurant. Heute ist hier ein
Tante-Emma-Laden.
Diese Poststelle ist einzigartig. Unser ruhiger Winterliegeplatz.

Unser Nachbar schaut noch skeptisch rüber.
Hier gelten noch sehr strenge Regeln. Verschiedene, nicht zu übersehende Verbote ...

... markieren genau die Grenzlinien.

Die Gulf Islands sind eine grosse Inselgruppe in der Strasse von Georgia, einem Meeresarm des Pazifiks,  zwischen Vancouver Island und der Küste von British Columbia. Die Inseln werden üblicherweise in die nördlichen und südlichen Gulf Islands eingeteilt. Die südlichen Gulf Islands umfassen mehrere hundert Inseln und sind Teil eines grossen Archipels, zu dem auch die San Juan Islands gehören.
Und genau dort liegt, so waren unsere Informationen, eine kleine, aber sehr feine Marina. Feine Marina tönte nach teuer und so war sie auch … im Sommer. Das Roche Harbor Ressort und seine Marina sind in den Sommermonaten durchgehend total überfüllt mit Gästen und im Winter,  einsam und verschlafen. Somit sind hier die Liegeplatzgebühren in dieser kälteren Jahreszeit extrem tief, was genau auf uns zugeschnitten war. Auch  waren wir der Meinung, nach den doch anstrengenden letzten Reisemonaten, könnten wir jetzt etwas Ruhe gut vertragen.

Die beiden Brüder, Robert und Richard Scurr, gründeten 1880 in Roche Harbor die „the islands' lime industry“ und begannen mit dem Abbau von Kalk. Schon 1887 übernahm John S. McMillin, ein reicher Mann aus Tacoma, die gesamte Ausbeutung und gründete „the Tacoma and Roche Harbor Lime Company“. Gleichzeitig baute er, das heute noch immer bestehende, „Hotel de Haro“. Dieses war damals natürlich nur für die Kunden der Company gebaut worden. Laut Dokumenten und Bildern soll hier 1906, sogar der damalige US-Präsident Theodore Roosevelt übernachtet haben.

Einige Zeugen aus dieser Pionierzeit sind heute schön restauriert und werden für den Tourismus gebraucht. Dies ist auch die einzige Einnahmequelle in dieser Gegend, im Norden der San Juan Island.
Von der Marinaverwaltung bekamen wir das Gefühl vermittelt, das wir echt willkommene Gäste seien. Welch ein Unterschied, zum bornierten Port of Sidney Management, konnte ich da nur noch sagen.
Das Wetter zeigte sich während der ersten Tage unseres Marinaaufenthaltes von der absolut besten Seite. Ein richtiger „Indian Summer“ sagen sie hier, was sich doch schöner anhört, als dasselbe in der Schweiz mit „Altweiber Sommer“.
Wir hatten noch gut eine Woche Zeit, um uns hier einzuleben und die nähere Umgebung zu erforschen, bevor wir zum "house and dogsitting" nach Victoria aufbrachen.
Wir entdeckten verschiedenste schöne Wanderwege, direkt vor der Bootstüre, welch ein Paradies für Yvonne. Du verstehst sicher, wenn ich hier schreibe, für Yvonne …




„Pig War“, oder der Schweine-Krieg


Da die gesamte Region, für nordamerikanische Verhältnisse, eine historische Gegend ist, gibt es deshalb auch verschiedenste Monumente und Geschichten darüber. Eine besondere davon ist diejenige vom  „Pig War“, dem Schweine-Krieg.
Im Jahr 1859 war die Inselgruppe Gegenstand des sogenannten Schweinekonflikts, einer Grenzstreitigkeit zwischen den USA und Grossbritannien, dem damals ein einziges Schwein zum Opfer fiel. Ich finde diese Geschichte so wunderbar und zum Schmunzeln, dass ich Dir hier eine kurze Beschreibung darüber weitergeben möchte.

Bei unserem Besuch im „English Camp“ bekamen wir die folgenden Informationen:

Der Schweinekonflikt war ein Gebietskonflikt im Jahre 1859, zwischen den USA und Grossbritannien, bezüglich eines Grenzverlaufes, zwischen den USA und Kanada.
Die Grenze zwischen den USA und Kanada wurde mit dem Vertrag vom 15. Juni 1846, dem sogenannten Oregon Treaty, festgelegt. Darin hiess es nur, die Grenze ist entlang dem 49. Breitengrad, in der Mitte des Kanals, der den Kontinent von Vancouver Island trennt und in der Mitte der Juan-de-Fuca-Strasse, bis hin zum Pazifischen Ozean. Genau 13 Jahre später, am 15. Juni 1859, führte diese Ungenauigkeit im Vertragswerk zu einem offenen Konflikt.

Der Eingang zum English Camp.

Die Gedenktafel. Ein nachgebauter Wachturm.

Das heute verwaiste Ge-lände des English Camp. Der Exerzierplatz in voller Herbstpracht ...
... bringt den jugendlichen Übermut zurück.

Der US-amerikanische Landwirt Lyman Cutlar erschoss ein fremdes Schwein, welches in seinem Garten herumlief. Das Schwein gehörte einem Iren, der für die Hudsons Bay Company arbeitete.
Als die britischen Behörden Cutlar mit Gefängnis drohten, riefen US-amerikanische Siedler nach dem Militär. Der Leiter des Departments Oregon entsandte sofort 66 Armeesoldaten zu der Insel.
Die englische Krone erfuhr davon und
schickte sogleich drei Kriegsschiffe in das Gebiet. Die Situation drohte zu eskalieren.

Im September waren 461 US-Amerikaner mit 14 Kanonen unter dem Kommando von Major Silas Casey bereit, den drei britischen Kriegsschiffen, mit 70 Geschützen und 2140 Soldaten, entgegenzutreten. Während dieser Zeit wurden glücklicherweise keine Schüsse abgefeuert. Der damalige amerikanische Präsident, James Buchanan, sandte General Winfield Scott im September nach den San Juan Island, um mit dem Gouverneur die Krise zu lösen. Das Ergebnis war, dass beide Seiten darin übereinkamen, die gemeinsame Besetzung beizubehalten, dies allerdings in einem reduzierten Umfang. Das britische Lager wurde an der Nordseite der Insel eingerichtet, um die einfache Versorgung und den einfachen Zugang zu gewährleisten. Das amerikanische Lager wurde an der Südseite der Insel auf einem hohen Punkt eingerichtet, welcher günstig für die Artillerie war.
Die Schweinekrise hielt bereits zwölf Jahre an, als der Disput an den deutschen Kaiser Wilhelm I. herangetragen wurde, welcher nun vermitteln sollte. Am 21. Oktober 1872 entschied eine vom Kaiser gebildete Kommission, dass die gesamten San Juan Islands definitiv an die USA fallen. Bis heute erinnert eine Gedenkstätte an diesen Konflikt. Der Ort ist seit 1961 auch eine „National Historic Landmark“.

Schmunzel, schmunzel …. solche Kriege dürfte es noch mehrere geben. Keine toten Menschen, keine zerstörte Landschaft, das einzige Opfer war ein armes Schwein …